Am Titel des Weltmeisters fehlte ihm mit Diamant im Jahr 1953 eine Zehntelsekunde. Ansonsten hat er alles gewonnen, was ein Springreiter gewinnen konnte. Bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki sogar hintereinander Bronze im Springen mit Meteor und Bronze mit Chronist xx in der Dressur. Einmalig wohl für alle Zeiten. An diesem Sonnabend würde Fritz Thiedemann, der Holsteiner Bauernsohn und Elmshorner Ehrenbürger, 100 Jahre alt. Seine Heimatstadt Heide enthüllt zu seinen Ehren deshalb einen großen Findling am Ende der Umgehungsstraße Fritz-Thiedemann-Ring mit seinen Lebensdaten: 3.3.1918 – 8.1.2000.
Er kam als Jüngstes von neun Kindern auf dem 400 Jahre alten Hof der Familie in Weddinghusen bei Heide zur Welt und lernte wie alle Bauernjungen früh den Umgang mit Pferden. Manchmal schmerzlich: Als der neunjährige Fritz mit seinem Pony das Springen über einen Wassergraben übte, quittierte das Pferd den 41. Versuch mit einem Abwurf.
Ackergäule waren es, wie damals üblich, mit denen er seine Parcours-Karriere startete. Der legendäre Meteor, genannt Der Dicke, mit dem er nicht nur 1952 Bronze in Helsinki errang, sondern auch 1956 in Stockholm (mit Alfons Lütke-Westhues und Hans Günter Winkler) und 1960 in Rom (mit Hans Günter Winkler und Alwin Schockemöhle) jeweils Mannschaftsgold gewann, dazu die Einzel-Europameisterschaft 1958 in Aachen und 1954 das Hamburger Derby, hatte zuvor als „Moritz“ einen Milchwagen gezogen. „Ein sturer Bock, ein unglaublich schwieriges Pferd“, fasste es Thiedemann später selbst zusammen: „Das schwierigste, das ich jemals ritt. Von Dressurarbeit hielt der Wallach gar nichts.“
Aus dieser Erfahrung heraus antwortete er im Alter, als wieder einmal über den „Ausverkauf“ der deutschen Pferde geklagt wurde, in sehr klaren Worten: „Wenn oftmals behauptet wird, der Ausverkauf der deutschen Springpferde habe begonnen, dann kann ich nur antworten: Gebt mir und Alwin Schockemöhle den Rest an die Hand, und wir stellen damit noch zwei erfolgreiche Olympia-Equipen auf.“
Und noch ein Thiedemann-Satz hat bis heute seine Gültigkeit: „Nicht aus Geldgier auf jedes Kirmes-Turnier ziehen wollen, auch mal verzichten. Jeder Motor lässt sich überdrehen.“
Fünfmal hat er das Hamburger Derby insgesamt gewonnen, mit fünf unterschiedlichen Pferden. Gemeinsam mit seinem acht Jahre jüngeren Mannschaftskollegen, schärfsten Konkurrenten und doch auch Partner Hans Güner Winkler wurde er zu einem der Sportidole im zerstörten Nachkriegsdeutschland. Ein Uwe Seeler zu Pferd. Selbstbewusst, aber immer bescheiden.
Das Land hat es ihm gedankt mit Orden und Ehrungen. In Elmshorn, wo er an der Reit- und Fahrschule lange Jahre gewirkt hat, ist nicht nur die Auktions- und Reithalle nach ihm benannt, sondern auch seinen Pferden wurde mit Straßennamen ein dauerhaftes Denkmal gesetzt. Da konnte man es auch verschmerzen, dass eine Ministerpräsidentin aus ihm mal einen „Fritz Thiemann“ machte.