Sie ist wie ein Komet am Springsport-Himmel aufgegangen: Nina Mallevaey führt seit Monaten die FEI Weltrangliste der U-25 Reiter an und hat sich in der gesamten FEI Weltrangliste in diesem Monat sogar auf Platz 12 vorgearbeitet. Der Aufstieg der jungen Französin ist unaufhaltsam. Unvergessen ist ihr grandioser Rolex Grand Prix Sieg in Brüssel in diesem Spätsommer, doch es war nur ein Meilenstein von etlichen herausragenden Erfolgen in diesem Jahr. Das Team von Rolex Grand Slam hat mit der 25-Jährigen über ihren Aufstieg in die Weltspitze gesprochen und die Springreiterin hat verraten, was der Schlüssel zu ihrem Erfolg ist.
Nina Mallevaey: Ich glaube, 2025 war das beste Jahr meiner Karriere. Der Augenblick, auf den ich am stolzesten bin, ist mein Sieg im Rolex Grand Prix beim Brüsseler Stephex Masters. Er hat allen, die mit mir dort waren, unglaublich viel bedeutet. Die ganze Familie Rein war da, mein Vater, enge Freunde und so viele Menschen, die mir geholfen haben, so weit zu kommen. Sie alle bei meinem Sieg um mich zu haben, hat das Ganze zu einem etwas unfassbar Besonderem gemacht. Ich liebe es, die Menschen, die so viel für mich getan haben, stolz zu machen. Hart zu arbeiten und gute Leistung zu erbringen, ist meine Art, ihnen danke zu sagen.
Ich habe mich auch sehr darüber gefreut, dass Dynastie einen 5-Sterne-Grand-Prix gewonnen hat. Sie ist unglaublich – sie hat im letzten Jahr so viel gelernt und diesen Sieg wirklich verdient. Ihr Züchter, Éric Levallois, war in Brüssel dabei, als wir gewonnen haben, was das Ganze noch besonderer gemacht hat. Ich glaube, er war sehr stolz auf sie.
Diese Saison war einfach das Ergebnis des unglaublichen Teams aus Pferden und Menschen um mich herum. Ich habe wirklich Ausnahmepferde und danke der Familie Rein für ihr Vertrauen in mich. Und mein Team – wozu auch meine Trainerin, Helena Stormanns, und meine Pfleger zählen, die wirklich die besten sind – unterstützt mich bei jedem Schritt. Die Familie Rein ist fantastisch. Sie ist in guten wie auch in schwierigen Momenten für mich da und das bedeutet mir viel. Alle um mich herum spornen mich immer an, mein Bestes zu geben, deshalb verdanke ich diese Saison meinen großartigen Pferden und der fantastischen Unterstützung meines ganzen Teams.
Wer oder was hat Sie dazu inspiriert, eine Karriere im Springreiten anzustreben?
NM: Zuerst war es einfach nur meine Liebe zu Pferden. Ich war einfach unheimlich gerne mit ihnen zusammen. Auch mein Vater, der selbst schon immer ein leidenschaftlicher Pferdemensch gewesen ist, hat eine große Rolle gespielt. Als ich zur Welt kam, hatte er schon ein Pferd bei uns zu Hause. Nicht für den Sport, sondern einfach, weil er Pferde so liebt. Ich bin dann in einen Ponyclub eingetreten und konnte es jede Woche kaum erwarten, hinzukommen und die Ponys und Pferde zu reiten. Ich habe Tiere schon immer geliebt.
Als ich dann anfing, Wettkämpfe zu reiten, hat etwas klick gemacht. Der Sport, die Atmosphäre und dieses Gefühl, das die Wettkämpfe mir gaben, all das war etwas ganz Besonderes. Mein Vater hat mich so gut er konnte unterstützt. Obwohl es nicht seine Aufgabe war, hat er mich bis zu meinem 18. Lebensjahr trainiert. Er hat mir so viel Zeit gewidmet, mich fast jedes Wochenende zu Turnieren gefahren und jede meiner Entscheidungen unterstützt – wir haben alles zusammen gemacht und er begleitet mich auch heute noch so gut er kann. Ich bin ihm sehr dankbar für alles, was er für mich getan hat. Ich hatte auch das Glück, tolle Menschen kennenzulernen, die mir vertraut und mir Ponys und Pferde zum Reiten gegeben haben. Dank ihnen hatte ich die Möglichkeit, Teil der französischen Kinder- und Juniorenmannschaften zu werden, was mir die Türen zu höheren Levels und Disziplinen des Sports geöffnet hat. Ich bin in der Europameisterschaft für Kinder, Junioren und Nachwuchsreiter angetreten und diese Erlebnisse weckten in mir den Wunsch, diesen Weg noch weiter zu verfolgen.
Als ich klein war, haben wir uns in Frankreich jeden Sonntag die Fünf-Sterne-Grand-Prixs der Woche angesehen. Den besten Reitern und Reiterinnen der Welt auf ihren unglaublichen Pferden zuzusehen, kam mir vor wie ein Traum und hat mich enorm inspiriert. Dieses Niveau wollte ich auch immer schon erreichen. Meine großen Vorbilder waren Pénélope Leprévost und Kevin Staut, weil sie auch aus Frankreich sind, und wir haben sie immer angefeuert, aber ich habe auch viele andere großartige Reiter bewundert, wie Scott Brash, Meredith Michaels-Beerbaum und Beezie Madden.
Erzählen Sie uns doch etwas über Ihre derzeitigen Spitzenpferde und wie gut sie in Form sind, vor allem Dynastie de Beaufour, Nikka VD Bisschop und My Clementine. Ihre Persönlichkeiten und Eigenarten, ihre individuellen Stärken und was Ihre Partnerschaft mit ihnen so gut macht …
NM: Alle drei sind großartige Stuten, die ihren Job wirklich lieben. Jede von ihnen hat sehr viel Persönlichkeit, aber auf die bestmögliche Art. Ich bin immer gern nah bei meinen Pferden, besonders am Boden, und habe das Gefühl, eine gute Verbindung zu jedem einzelnen zu haben. Diese Beziehung ist enorm wichtig. Sie sind zwar unterschiedlich, haben aber auch viele Gemeinsamkeiten.
Dynastie ist unglaublich schlau. Sie scheint alles zu verstehen, was man von ihr verlangt, und leistet bereitwillig alles, was nötig ist, aber sie muss einem vertrauen. Sie weiß immer, wenn es um etwas Großes geht: Bei Rolex-Turnieren wie La Baule, Aachen oder Dinard kommt sie richtig in Fahrt. Ich kann spüren, wie sie unter mir größer wird, als würde sie die Atmosphäre und Aufmerksamkeit in sich aufsaugen. Die einzige Gelegenheit, wenn sie mich nicht in ihrer Nähe haben will, ist beim Fressen. Da möchte sie ihre Privatsphäre haben!
Nikka ist unglaublich mutig und springstark und nichts scheint sie aus der Ruhe zu bringen. Sie freut sich immer, dich zu sehen – sie geht mit allem locker um. Sie ist so erfahren und hat schon so viel erreicht. Auf ihr habe ich immer ein sehr sicheres Gefühl.
Clementine ist die Zartbesaiteste der drei – sie ist sehr sensibel und muss einem wirklich völlig vertrauen. Sie ist unglaublich lieb und smart, erschrickt aber leicht bei lauten Geräuschen. Doch wenn sie die Arena betritt, wird sie furchtlos. Sie ist sehr ehrgeizig. Im Vergleich zu Dynastie und Nikka ist sie ein kleines Pferd und hat vielleicht weniger Sprungkraft, aber sie ist eine echte Kämpfernatur – sie beeindruckt mich sehr.
Der Rolex Grand Slam of Show Jumping ist der Höhepunkt dieses Sports. Was bedeutet er Ihnen persönlich und wie bereiten Sie sich auf Prüfungen auf diesem Niveau vor?
NM: Der Rolex Grand Slam bedeutet mir sehr viel. Ich habe schon immer davon geträumt, in den Arenen von Aachen und Calgary zu reiten, und dieses Jahr hatte ich das große Glück, bei beiden Veranstaltungen dabei sein zu dürfen. Hätte man mir vor ein oder zwei Jahren gesagt, dass ich bei diesen Turnieren antreten würde, hätte ich es nicht geglaubt. Das ist wirklich der große Traum in unserem Sport – beinahe etwas Mystisches. Dank meiner unglaublichen Pferde und meines unglaublichen Teams haben wir dort gut abgeschnitten, was das Erlebnis noch schöner gemacht hat. Es war wirklich ein wahr gewordener Traum, und ich hoffe, dass ich wieder dort antreten kann, denn bei diesen Veranstaltungen dabei zu sein, ist mit das schönste Gefühl im Reitsport. Ich habe jede Sekunde davon genossen.
Wie sehen Sie Ihre Rolle als inspirierendes Vorbild für die nächste Generation von Frauen im Sport?
NM: Das ist eine schwierige Frage, weil ich mich selbst nicht als Vorbild oder Inspiration für andere sehe. Aber wenn ich bei größeren Veranstaltungen antrete, sehen mehr Menschen zu, und ich hoffe, ich kann sie ebenso inspirieren, wie Beezie und Meredith mich inspiriert haben – sie sind zwei faszinierende Reiterinnen und Frauen. Wenn ich zeigen kann, wie viel Leidenschaft nötig ist, um dieses Niveau zu erreichen, würde mir das viel bedeuten. Letztendlich muss man lieben, was man tut, immer am Ball bleiben und die Gelegenheiten ergreifen, die sich einem bieten. Wenn das jemanden inspiriert, freut es mich sehr.
Sie sind schon an einigen der legendärsten Veranstaltungsorte der Welt angetreten, wie Aachen und Spruce Meadows. Was macht diese beiden Schauplätze für Sie als Reiterin so besonders?
NM: Für mich ist es das Gesamtpaket. Diese Veranstaltungen haben etwas beinahe Mystisches an sich, weil sie auf so viel Geschichte zurückblicken und die Atmosphäre dort einfach unbeschreiblich ist. Wenn man in die Arena reitet, ist man von tausenden Menschen umringt, und eine fehlerfreie Runde fühlt sich richtig elektrisierend an, weil das Publikum so mitgeht. Es ist etwas wirklich Besonderes, und ich habe großes Glück, dass meine Pferde das auch genießen. Bei den Rolex-Majors kann ich spüren, wie sich meine Pferde unter mir stolz aufrichten und wie die Atmosphäre sie beflügelt. Alle Rolex-Veranstaltungen haben die tollsten Zuschauer und die unvergesslichsten Szenerien. Sie bedeuten so vielen Reitern unglaublich viel – es sind einfach die besten Shows in unserem Sport.
Hinter jedem großartigen Reiter und jeder großartigen Reiterin steht ein loyales, engagiertes und talentiertes Team. Erzählen Sie uns etwas mehr über die Menschen, die Sie tagtäglich unterstützen – von Ihren Pflegern, Ihren Trainern und Ihrer Familie – und wie deren Arbeit zu Ihrem Erfolg in der Arena beiträgt.
NM: Ohne mein Team könnte ich all das gar nicht tun. Die Menschen sehen immer nur die Reiter und Pferde in der Arena, aber hinter den Kulissen arbeiten so viele Menschen unglaublich hart daran, das alles zu ermöglichen. Meine Pfleger, Quentin [LeSaint] und Clémence [Rességuier], sind jeden Tag rund um die Uhr bei meinen Pferden – sie kennen sie besser als sonst irgendjemand. Sie können ihnen genau ansehen, wie sie sich fühlen und was sie brauchen, und dieser Grad an Vertrauen ist von unschätzbarem Wert.
Nora (Krogsaeter) ist ebenfalls sehr wichtig für unser Team. Sie hilft mir dabei, alle Pferde in guter Verfassung zu halten. Wenn ich eine Woche lang mit zwei Pferden in Calgary bin und in der folgenden Woche mit anderen Pferden an einer anderen Show teilnehmen muss, ist sie diejenige, die zu Hause mit den übrigen Pferden arbeitet. Sie kennt sie alle sehr gut und versteht, was jedes einzelne braucht. Wir reiten auf ähnliche Weise, was sehr hilfreich ist, und sie spielt eine wichtige Rolle dabei, alle Pferde in Topform zu halten.
Dann sind da die Chiropraktiker, Tierärzte und Hufschmiede, die alle gemeinsam daran arbeiten, dass sich die Pferde rundum wohlfühlen. Es ist ein ganzes Team nötig, und ich habe das große Glück, Menschen zu haben, denen die Pferde wirklich am Herzen liegen – das ist das, was am allermeisten zählt.
Auch Tara und Mark Rein sowie meiner Trainerin, Helena Stormanns, bin ich immens dankbar. Sie unterstützen mich, spornen mich an, mich zu verbessern, und sind in schwierigen Augenblicken sogar noch mehr für mich da. In einem Sport, in dem man viel öfter verliert als gewinnt, ist es wesentlich, von Menschen umgeben zu sein, die einem Zuversicht und Selbstvertrauen schenken.
Und natürlich meine Familie – sie haben mich in die Pferdewelt eingeführt und mir immer zur Seite gestanden. Ich fühle mich wirklich reich beschenkt, so besondere Menschen um mich zu haben.
Was sind Ihre Leidenschaften abseits des Springreitens?
NM: Ich liebe Sport ganz allgemein – die Atmosphäre, die Energie, alles, was damit verbunden ist. Ich sehe mir gerne andere Sportarten an und mache in meiner Freizeit gern Fitness, vor allem Pilates. Dadurch wird mein Rücken gestärkt und ich fühle mich ausgeglichen, wenn ich im Sattel sitze. Aber abseits der Pferde liebe ich es am allermeisten, einfach Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen. Das ist mir immer das Wichtigste.
Und zum Abschluss: Als eines der spannendsten Nachwuchstalente im Springreiten, was sind auf lange Sicht Ihre Ziele und Träume – sowohl im Rahmen des Rolex Grand Slam als auch für Ihre Karriere ganz allgemein?
NM: Ich möchte mich weiter verbessern und meine Pferde voranbringen, so gut ich kann. Diese Partnerschaften auszubauen und die Menschen um mich herum stolz zu machen, ist mir wirklich wichtig, weil sie so viel leisten. Ich würde unheimlich gern nächstes Jahr wieder nach Aachen kommen. Das ist wahrscheinlich meine Lieblingsveranstaltung und in dieser Arena anzutreten, ist unbeschreiblich.
Auf lange Sicht ist der Rolex Grand Slam ein Traum für jeden Reiter und jede Reiterin. Bisher ist Scott Brash noch immer der Einzige, der ihn je gewonnen hat, und da wäre es wirklich etwas ganz Besonderes, das zu schaffen. Eines Tages würde ich auch gern am Rolex IJRC Top 10 Finale teilnehmen und beim CHI Genf antreten. Aber am allermeisten wünsche ich mir einfach nur, dass meine Pferde gesund und glücklich bleiben.
