Mehr Hochspannung geht nicht: Zwei punktgleiche Mannschaften musste im Stechen den Sieg beim Finale der Longines League of Nations in Barcelona unter sich ausmachen. Für das irische Team legte Billy Twomey auf Jumping Jack van de Kalevallei (v. Kannan) mit einer schnellen Nullrunde vor und war nach 38,42 Sekunden im Ziel. Doch für das britische Team legte Scott Brash mit Hello Jefferson (v. Cooper van de Heffinck) noch einen drauf: Fehlerfrei ins 38,19 Sekunden. Auf Platz drei des Siegertreppchens stieg der Titelverteidiger Deutschland.
Es war ein ungewöhnliches Finale der Longines League of Nations in Barcelona: Parcourschef Santiago Varela hatte einen Kurs aufgebaut, der Nullrunden zur absoluten Ausnahme machte: Mit dem Belgier Nicola Philippaerts auf Katanga v/h Dingeshof (v. Cardento) und dem Iren Bertram Allen auf Qonquest de Rigo (v. Fantomas de Muze) schafften nur zwei Reiter die Doppelnull – und keine Mannschaft kam nach Abzug der Streichergebnisse mit weißer Weste in die zweite Runde. Häufig war es der letzte Sprung, der 1,62m hohe Steilsprung mit einer Planke, der nach bis dahin fehlerfreier Runde doch noch fiel. Die beiden Teams, die im Stechen um den Sieg kämpften, hatten jeweils 16 Strafpunkte auf dem Konto.
Otto Beckers Team Deutschland war als zweitplatzierte Mannschaft in die zweite Runde gegangen, hinter den Niederlanden, und mit acht zählenden Fehlerpunkten. Christian Kukuk hatte als Startreiter auf Just Be Gentle (v. Tyson) eröffnet. Es fiel gleich die obere Stange an Sprung zwei und dann noch eine an dem schmalen Steilsprung sieben hinter dem vier Meter breiten Wassergraben. Seine acht Punkte wurden zum Streichergebnis. Ersagte hinterher: “Ich hatte schon heute beim Abreiten das Gefühl, dass sie den Extra-Gang, den sie normalerweise hat, heute nicht hat. Sie hat alles lieb und brav gemacht, aber sie hat sich ein bisschen schlapp angefühlt. Das war draußen beim Abspringen schon so ein wenig so, das haben wir, glaube ich, alle gemerkt. Aber normalerweise bekommt sie dann im Parcours noch mal so einen Extra Gang. Der war heute leider nicht da. Normalerweise kommt dann auch von ihr nach einem Fehler so eine richtige Reaktion, aber das war auch nicht so. Deshalb ist das heute natürlich erst mal richtig enttäuschend. So ist am Ende der Sport, so ist das Leben. Aus irgendeinem Grund hat sie sich heute nicht so gut gefühlt. Deshalb muss ich der Sache jetzt einmal auf den Grund gehen. Und dann schauen wir weiter.”
Sophie Hinners hatte mit Iron Dames Singclair (v. Singular LS La Silla) Pech an Oxer Nummer neun, der aus einer Linkswendung anzureiten war und nicht nur bei ihr zum Fehler führte. “Grundsätzlich hatte ich ein gutes Gefühl, vielleicht war ich einmal etwas zu dicht zu dem Oxer aus der Ecke. Da hatte ich einen leichten Fehler vorne, den ich selber gar nicht mal bemerkt habe, sondern ich erst auf der Anzeigetafel sah.”
Marcus Ehning rollte mit Coolio (v. Casalito) gleich die obere Stange an Spring eins in den spanischen Sand, ehe er den Rest des Parcours ohne weitere Fehler absolvierte.
Schlussreiter Richard Vogel hielt mit einer souveränen Nullrunde auf United Touch S (v. Untouched) sein Team in Schlagdistanz zur möglichen Titelverteidigung: “Wir hatten nicht so den glücklichsten Start, daher war die erste Null-Runde sehr wichtig, hoffentlich ist der Knoten jetzt geplatzt. Der Parcours ließ sich eigentlich gut reiten. Ich habe mit United an vielen Stellen einen Galoppsprung weniger gemacht als die anderen, aber das kennt er schon.”
In die zweite Runde starteten dann für jedes Team nur noch drei Reiter, es gab kein Streichergebnis mehr, jeder Fehler zählte. Und das wirbelte die Platzierungen noch einmal richtig durcheinander. Denn kaum ein Reiter-Pferd-Paar kam ohne mindestens einen Abwurf aus dem Parcours.
Für Team Deutschland, jetzt ohne Christian Kukuk, legte Sophie Hinners vor. Sie hatte das gleiche Pech wie vorher Marcus Ehning schon an Sprung eins, am Einsprung der Zweifachen kamen noch vier weitere Fehlerpunkte hinzu Marcus Ehnings Coolio berührte diesmal keine Stange, aber die konzentrierte Fehlervermeidung kostete Zeit, eine Zehntelsekunde mehr, als erlaubt. Und Richard Vogel ließ dann, wie so viele an diesem Tag, am Schlusssprung die Planke von der Auflage rollen. Insgesamt sammelten sich 21 Punkte auf dem deutschen Konto. Jetzt hieß es abwarten, wie viele Fehler die Konkurrenten machten, damit es dennoch für das Podest reichte.
Marcus Ehning kommentiert dabei seine 2. Runde: “Mit meinem Pferd bin ich deutlich zufriedener als mit mir selber. Ich ärgere mich gerade sehr über meinen Zeitfehler, das ist normalerweise nicht so meine Art. Ein Zeitfehler im Nationenpreis kann schon mal tödlich sein, daher ärgere ich mich schon sehr darüber, zumal ich in Runde eins so gut in der Zeit war. Das habe ich jetzt einfach ein wenig verpennt.”
Für die am Ende siegreichen Briten hatte Ben Maher auf Enjeu de Grisien (v. Toulon) aus dem ersten Umlauf vier Punkte mitgebracht und im zweiten die erwartete Null abgeliefert. Harry Charles hatte mit Sherlock (v. isquet Balou C) jeweils vier Fehlerpunkte aus bei den Runden eingesammelt. Bei Scott Brash, der im Stechen den Sieg sicherte, waren es nach der Null in Runde eins vier Punkte in Runde zwei gewesen. Donald Whitaker war nach acht Punkten mit Millfield Colette (v. Cornet Obolensky) nicht mehr am Start in Runde zwei.
Hauptverantwortlicher für den zweiten Platz der Iren war Bertram Allen mit seiner Doppelnull auf Qonquest de Rigo. Sean Monaghan kam mit Toyger (v. Catwalk IV) zweimal mit einem Abwurf ins Ziel. Der Reiter im Stechen, Billy Twomey hatte ebenfalls zweimal vier Punkte nach Haus gebracht, während Michael Pender nach vier Punkten mit HHS Los Angeles (v. Le Roi) in Runde eins dem weiteren Geschehen nur noch als Zuschauer folgte.
“Es war der erwartete und spannende Wettkampf. Wir hätten den Sieg vorm vergangenen Jahr sehr gerne wiederholt, doch uns fehlten ein zwei Nullrunden. So sind wir nun Dritter”, resümierte am Ende Bundestrainer Otto Becker, der das auftreten seines Teams über die ganze Saison lobte.
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