“Von 136 FEI-Mitgliedsländern haben 32 überhaupt keine FEI-Pferde!”
FEI President Ingmar De Vos (center) addresses the FEI Board at its first meeting of the FEI Hybrid General Assembly in Antwerp Photo: FEI/Dirk Caremans

“Von 136 FEI-Mitgliedsländern haben 32 überhaupt keine FEI-Pferde!”

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Max Ammann war erfolgreicher Schweizer Journalist, aber er war auch immer ein Pferdemann. So wurde er zum Präsidenten der Internationalen Pferdesport Journalisten Vereinigung, traf den damaligen FEI-Präsidenten, den kürzlich verstorbenen Prinz Philip von England, und skizzierte ihm seine Idee eines Weltcup. Nach einem Abendessen beim Volvo-Präsidenten in Schweden stand auch die Finanzierung. Aber Max Ammann erfand nicht nur den Weltcup, sondern war von 1978 bis 2003 auch dessen Chef und in diesen 25 Jahren Mitglied des FEI Präsidiums. Er kennt also das Innenleben des Verbandes, weshalb das, was er darüber schreibt, umso mehr Gewicht hat:

“2021 registrierte der Schweizer Verband für Pferdesport 2746 Pferde beim Weltreitsportverband FEI, die damit, mit dem FEI-Pferdepass, an FEI-sanktionierten internationalen Turnieren geritten werden durften. Damit ist die Schweiz aufgrund dieses Kriteriums die achtwichtigste Pferdenation der Welt. Den Spitzenplatz hält Frankreich mit 10363 FEI registrierten Pferden, vor Deutschland (8339) sowie Belgien, Grossbritannien, Italien, den Niederlanden und den USA. Unser östliches Nachbarland Österreich hat 1102 Pferde bei der FEI registriert – das kleine Liechtenstein immerhin noch 23!

136 Mitglieder

136 Länder sind Mitglied der FEI. 28 von ihnen wurden es vor dem Zweiten Weltkrieg, darunter die oben erwähnten Top acht der FEI-Pferdeliste (die Schweiz wurde 1923 Mitglied). Von den 136 FEI-Mitgliedern haben deren 32 überhaupt keine Pferde bei der FEI registriert – ein weiteres Dutzend haben nur ein oder zwei Pferde. Aber trotzdem haben diese Länder bei FEI-Abstimmungen eine Stimme, so viel wie die erwähnten Grossen des internationalen Pferdesports. Und es waren diese «pferdelosen» Länder, die an der kürzlichen FEI-Generalversammlung in Antwerpen in erster Linie dazu beitrugen, dass die FEI die umstrittene Regelung von drei Reitern per Disziplin bei den Olympischen Spielen beibehielt. Dies gegen die von Steve Guerdat vorgetragenen Argumente des Internationalen Springreiterclubs IJRC für vier Reiter und die grosse Mehrheit der Länder, die den internationalen Pferdesport nicht nur dominieren, sondern finanziell tragen.
Dass die FEI mit diesem Abstimmungsergebnis den Globalisierungsträumen des Internationalen Olympischen Komitees entspricht, ist ein zweifellos in FEI-Kreisen willkommenes Beiprodukt. Denn nur drei statt vier Reiter pro Equipe erlaubt mehr Ländern eine olympische Teilnahme, so wird globaldenkend argumentiert.

Je grösser, desto wichtiger

Diese international gesehen «pferdearmen» oder «pferdelosen» Länder zahlen auch geringere Jahresgebühren an die FEI. In den Vor-Corona-Jahren mussten die «Grossen» pro Jahr 20000 Schweizer Franken entrichten. Am anderen Ende der jährlichen Bezahlungsskala waren es 500 «Fränkli». Als Folge von COVID-19 ist der Jahresbeitrag von der FEI halbiert worden. Also 250 bis 10000 Franken. Trotzdem haben alle 136 Mitgliederländer der FEI bei Abstimmungen an der GV je eine Stimme. Zwar entsenden viele der «pferdearmen» Länder keine Delegierten an die FEI-Generalversammlung und lassen sich auch nicht vertreten. Der Zweck der FEI-Mitgliedschaft ist ja mit der Mitgliedschaft erfüllt. Denn je mehr internationale Mitgliedschaften ein nationaler Sportverband oder ein nationales olympisches Komitee vorzeigen kann, desto wichtiger wird man. Des Öfteren ist der Beitrag aus dem staatlichen Subventionstopf von der Zahl der Mitgliedschaft in internationalen Sportverbänden wie der FEI abhängig.
Es gibt böse Stimmen, die argumentieren, dass innerhalb der FEI diese «pferdearmen» Länder willkommen sind. Kommt es zu umstrittenen Abstimmungen, sind deren Delegierten leichter im Sinne der FEI zu beeinflussen als die Vertreter der grossen Pferdesportnationen. Beizufügen ist, dass die Delegierten dieser «pferdearmen» Länder in der Generalversammlung für etwas ihre Stimme abgeben, das sie gar nicht betrifft.

«Ein Land – eine Stimme»

Dieses «Ein Land – eine Stimme»-Prinzip der FEI wurde innerhalb der FEI in Gesprächen immer wieder diskutiert, aber nie ernsthaft. Ich kann mich nicht erinnern, dass es je auf der Traktandenliste einer GV oder einer Sitzung des FEI-Bureaus war. Vielleicht ist die Zeit reif dafür. Allerdings: Bei einer Abstimmung darüber kann man sich nicht vorstellen, dass die Länder, die bei der Annahme einer «gewichteten Stimmenzahl» ihren Einfluss verlieren würden, für diese Rückstufung stimmen würden! Kriterien für «gewichtete Stimmenzahl» gibt es mehrere. Erwähnt sind die Zahl der registrierten Pferde und die Höhe des Jahresbeitrages. Weitere Kriterien wären die Zahl der registrierten Reiter und Fahrer oder die Zahl der jährlich im Lande durchgeführten internationalen Turniere.”

(Die Schweizer PferdeWoche hat freundlicherweise spring-reiter.de den Text zur Veröffentlichung überlassen.)