„Wir wollen Erfolg, aber nicht um jeden Preis!“ Interview mit Otto Becker anlässlich seines 65. Geburtstages am kommenden Sonntag

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Er mag eigentlich gar nicht daran denken. Daran, dass er in wenigen Tagen einen runden Geburtstag feiert. Otto Becker wird am 3. Dezember 65 Jahre alt. Und an diese Zahl muss sich auch der Bundestrainer erst einmal gewöhnen. Für spring-reiter.de zog der Equipe-Chef der deutschen Springreiter eine „Zwischen-Bilanz“ seiner letzten 15 Jahre. Im Interview hat der gebürtige Franke auch über „den richtigen Moment zum Absprung“ gesprochen, über Olympia 2024 in Paris, über große deutsche Talente, Eigeninitiative und über Chancen, die man nutzten muss. 

„Wenn ich an die Anfänge zurückdenke, nach Honkong hatten wir sehr unruhige Zeiten im Springsport. Die ersten anderthalb Jahre, das war wie ein Spießrutenlauf. Das möchte ich auch so nicht mehr erleben. Dass es nicht einfach wird, war klar, aber nachher war es schon eine richtige Herausforderung“, erinnert sich Otto Becker an seinen rauen Start als Bundestrainer Anfang 2009.  

Damals blies dem Springsport ein Sturm der Entrüstung hart ins Gesicht. Anlass waren Medikationsfälle bei den Olympischen Spielen 2008 in Hongkong. So wurde bei Christian Ahlmanns Pferd Cöster  wie bei drei Pferden aus anderen Nationen – die Substanz Capsaicin gefunden. Das schlug hohe Wellen. 

„Erst nach anderthalb Jahren, mit dem Gewinn bei der WM in Kentucky, haben wir erst mal etwas Ruhe reingekriegt. Und konnten endlich mal wieder normal arbeiten“, erinnert sich Becker, der als aktiver Springreiter selbst erfolgreich an drei Olympischen Spielen teilnahm.  Blieb er 1992 in Barcelona mit Lucky Luke noch ohne Medaille, wurde er im Jahr 2000 in Sydney mit Cento Mannschafts-Olympiasieger und auch 2004 in Athen sprangen Becker und der Schimmel mit dem deutschen Team aufs Podium, wobei aus Gold Bronze wurde, nachdem Ludger Beerbaum disqualifiziert worden war. Im Jahr 2000 sicherte sich Becker zudem den Sieg im Großen Preis von Aachen und gewann 2002 das Weltcup-Finale in Leipzig. 

Die Entscheidung den Job als Bundestrainer anzunehmen und die eigene aktive Karriere an den Nagel zu hängen, hat der Vater dreier Töchter nie bereut. 

 „Ich habe mit dem Reiten aufgehört, in dem Jahr, als ich 50 Jahre alt wurde. Das war auch im Nachhinein die richtige Entscheidung. Und ich habe es auch nie bereut. Ich habe das Glück gehabt, mein Hobby zum Beruf zu machen“, erzählt der gelernte Winzer.

Als Bundestrainer mischt er heute weiter im Spitzen-Springsport mit. „Ich habe auch als aktiver Reiter eine erfüllte Zeit gehabt. Da ist keine Rechnung offengeblieben. Die letzte haben wir in Barcelona beglichen, damals, 2008, als wir das Nationenpreisfinale gewonnen hatten. Der Sport und speziell der Spitzensport war mir ans Herz gewachsen und als Bundestrainer habe ich eben auch die Möglichkeit, im Spitzensport zu bleiben. Insgesamt muss ich sagen, waren es schöne 15 Jahre. Das war natürlich auch immer sehr intensiv, aber es hat auch immer viel Freude gemacht. Die schönen und positiven Erfolge überwiegen, wir waren oft vorne dabei, haben viele Medaillen gewonnen. Das kann natürlich immer gerne auch noch eine mehr sein, das ist auch klar. Alles klappt nicht. Aber insgesamt bin ich unter dem Strich doch zufrieden“, resümiert Otto Becker. 

Seine Erfolgsbilanz als Bundestrainer kann sich sehen lassen: Auf Team-Bronze und Einzel-Silber bei den Europameisterschaften 2009 in Windsor folgte die Goldmedaille für das deutsche Team bei den Weltreiterspielen in Kentucky 2010. „Das war schon ein Meilenstein“, erinnert sich Becker heute. 

2016 gewann er mit dem deutschen Team Mannschaftsbronze bei den Olympischen Spielen in Rio. Außerdem holten die deutschen Springreiter unter Beckers Ägide 2011 Team-Gold und viermal Team-Silber bei Europameisterschaften (2013, 2015, 2019, 2021). Dazu kommen etliche Nationenpreissiege u.a. in Aachen. Zu den größten Einzelerfolgen deutscher Springreiter unter Otto Beckers Führung zählen der Gewinn des WM-Titels durch Simone Blum und DSP Alice 2018 in Tryon sowie der Europameistertitel von André Thieme mit DSP Chakaria 2021 in Riesenbeck. 

 „Natürlich ist immer Luft nach oben. Was heißt, dass wir natürlich auch besser werden wollen. Und gerade wenn wir Richtung Paris nächstes Jahr gucken. Wir haben jetzt zweimal etwas Pech gehabt mit den Championaten“, sagt Otto Becker. In Frankreich soll es besser laufen, als bei der WM in Herning 2022 (Platz 5 nach Sturz von André Thieme) und der EM in Mailand (Platz 4. nach Verletzung und Ausfall von Marcus Ehnings Stargold) in diesem Jahr.  

Der Bundestrainer sieht eine sehr positive Entwicklung, weil zum Ende der Saison „alles gut war“. So siegte das deutsche Team beim Nationenpreis in Brüssel, holte die Mannschaft Silber in Calgary und gewann Team Germany souverän das Nationenpreisfinale in Barcelona. 

„Viele Reiter und Paare haben sich auch im Laufe des Jahres richtig weiterentwickelt. Wenn alle gesund bleiben, blicke ich sehr optimistisch ins nächste Jahr Richtung Paris“, resümiert der Team-Coach und nennt Beispiele. „Wenn wir jetzt mal das Team aus Barcelona nehmen: Bei Jana Wargers fing die Entwicklung letztes Jahr schon an, dann ging es steil nach oben und sie hat die Form gehalten. Auch Christian Kukuk hat eine sensationelle Entwicklung genommen. Bei Richard Vogels erstem Fünf-Sterne-Nationenpreis in Rom war noch nicht alles Gold, was glänzt, aber wie der sich entwickelt hat über den Sommer. Oder Hansi Dreher, der schon nahe an der EM-Truppe dran war, für sich auch noch mal die richtigen Schlüsse zog und in Calgary und Barcelona super geritten ist.“ Überzeugt haben den Bundestrainer auch die Leistungen von Jörne Sprehe, die als Fünfte mit in Barcelona dabei war.  

Und dann gibt es immer wieder diese kleinen Überraschungen: Ein Pferd bekommt plötzlich eine Leistungsexplosion, wie Christian Kukuks Checker. „Den habe ich selber fünf Jahre im Stall gehabt, den kenne ich in- und auswendig. Was der die letzten drei Monate noch mal gezeigt hat, das war sensationell. Diese Entwicklungen haben mir neben dem Erfolg in Barcelona richtig Spaß gemacht. Das lässt auch hoffen für nächstes Jahr, hoffentlich bleiben alle gesund“, denn Otto Becker hat am liebsten ein paar mehr Asse im Ärmel. 

Die Losung ist klar: „Wir wollen Erfolg, aber nicht um jeden Preis“, bringt es Otto Becker auf den Punkt. Dazu gehöre auch die Entscheidung von Marcus Ehning, bei der EM in Mailand nicht mehr zu reiten, weil sein Gefühl nicht gut war. Sein Stargold hatte sich in der Box verletzt und war danach nicht zu 100 Prozent fit. „Wir haben ja auch die Verantwortung dem Pferd gegenüber. Natürlich war das für das ganze Team bei der EM erst mal hart. Die Reiter, die auf einem Championat reiten dürfen, verzichten auf vieles vorher, was Turniere betrifft, wo sie mehr reiten können, wo sie vielleicht auch mehr gewinnen können.“ 

Die Einstellung zu den Nationenpreisen habe sich, so der Bundestrainer, aber nicht geändert: „Die Reiter sind zum Glück nach wie vor dabei, wollen Nationenpreise reiten, wollen die Championate reiten. Allerdings ist es für die Reiter heute schwieriger. Der Springsport ist richtig global geworden. Es gibt, zum Glück, weltweit viele Turniere, viele Serien. Und das ist schon eine Herausforderung für die Reiter. Es wird immer schwieriger, ein gutes Pferd zu bekommen. Es ist noch schwieriger, es zu behalten. Aber gerade bei so vielen Turnieren braucht man mehrere Pferde. Da sind Management und Planung eine Herausforderung. Nicht nur für uns in Absprache mit den Reitern, sondern auch für die Reiter selbst, allen gerecht zu werden.“

Die ständige Kommunikation, der Austausch mit den Reitern, auch wenn mit den Jahren der Altersabstand gewachsen ist, fällt Otto Becker leicht. der früher Mitglied der Bundeswehrsportschule in Warendorf war, bevor er längere Zeit für den Stall Paul Schockemöhle an den Start ging. 

„Mir hilft, so ganz pauschal, dass ich natürlich als Reiter so ziemlich alle Situationen selbst erlebt habe. In den ersten Jahren war es natürlich schon so, dass ich mit denen unterwegs war, mit denen ich selber lange geritten habe. Jetzt kommen nach und nach viele jüngere dazu. Die sind offen und ehrgeizig, das macht richtig Spaß. Aber das war auch für mich erst mal eine Umstellung. Das Team, das in Rio war, gab es danach aus verschiedensten Gründen nicht mehr. Von Meredith wurde das Pferd verkauft, Ludger hat keine Nationenpreise mehr geritten, von Daniel Deusser ist das Pferd leider verstorben, von Christian Ahlmann waren die beiden Pferde in die Jahre gekommen. Nur Marcus Ehning ist da übrig geblieben. Und auf einmal hatten wir junge Leute mit Simone Blum, Maurice Tebbel und Laura Klaphake. Die haben wir in Göteborg bei der Euro aufgebaut. Ein Jahr später bei der WM in Tryon gab es Team-Bronze und eine sensationelle Gold-Medaille für Simone“, erinnert sich Becker, der früher Mitglied der Bundeswehrsportschule in Warendorf war, bevor er längere Zeit für den Stall Paul Schockemöhle an den Start ging. 

Ein ganz junges Team – das war damals auch für ihn eine Umstellung. „Da waren auf einmal Trainer, Mütter, Väter dabei. Das kannte ich so gar nicht. Davor waren es immer die alten Haudegen, das waren alles Einzelkämpfer. Das war schon anders, aber es hat damals richtig Spaß gemacht. Das war mir auch immer wichtig, ich wollte mir nie sagen lassen, ich hätte die Jugend nicht gefördert. Es war immer mein Ziel, jungen Leuten eine Chance zu geben. 

Das wird auch immer mehr. Nehmen wir mal Christian Ahlmann und Daniel Deusser, die in letzter Zeit nicht mehr so oft dabei waren, auch weil es Verletzungspech bei den Pferden gab. Da waren wir dann froh, dass wir Top junge Leute hatten. Das ist ja auch unsere Zukunft. Ein Generationswechsel und ein Umbruch sind langsam da.“

Das deutsche Team ist „kein geschlossener Club“, das betont Otto Becker immer wieder.  

„Es war mir immer wichtig, dass die Reiter die Chance bekommen, sich zu beweisen. Dass man da wirklich auch als Bundestrainer offen ist“, bringt es Otto Becker auf den Punkt. Und nennt das Beispiel Rene Dittmer, derzeit die Nummer zwei im Worldcup Ranking: „Das war immer klar, dass Rene ein Riesentalent ist. Ich finde es gut, wie er sich jetzt Chancen sucht und nutzt und nicht darauf wartet, dass er vom Bundestrainer eine Startgenehmigung bekommt, sondern selbst die Initiative ergreift, nach Amerika geht und guckt, wo er reiten kann und wo er Weltcup-Punkte sammeln kann. Er hat die Chance genutzt. Ist von den Punkten her qualifiziert, muss jetzt nur in Europa noch einmal punkten, damit das gültig wird. Das ist auch genau das, was wir wollen, dass sich die jungen Leute beweisen und Erfahrung sammeln. Und wenn sie akribisch arbeiten, trägt das auch am Ende Früchte.“ 

Immer steht er zusammen mit Co-Bundestrainer Marcus Döring den Reitern mit Rat und Tat zur Seite, berät, macht mit ihnen Turnier-Pläne in Vorbereitung auf Nationenpreise oder Championats-Einsätze und gibt Tipps, wie bestimmte Ziele zu erreichen sind. 

„Das ist ein Job, in dem man 24/7 immer auf Sendung ist. Im Sommer ist es sehr intensiv, weil es da die vielen Nationenpreise gibt, wo ich die Reiter am besten kennen lerne. Ich bin den ganzen Sommer über auch fünf Tage die Woche unterwegs. Das wäre das ganze Jahr so nicht durchzuhalten. Das ist wirklich sehr intensiv“, erklärt Otto Becker seinen Job. 

Besonders viel Zeit in Anspruch nähmen die Startgenehmigungen auf den Turnieren. „In Deutschland können wir benennen, je nachdem um wie viele Sterne es geht. Bei einem 5-Sterne-Turnier können wir 20 Prozent der Teilnehmer benennen, bei einem 4-Sterne-Turnier 25 Prozent und bei einem 3-Sterne-Turnier sind es 30 Prozent. Das kostet viel Zeit, weil sich die Reiter erfahrungsgemäß nicht bei mir melden, jedenfalls selten. Man muss da immer hinterhertelefonieren. Das mache ich auch. Das ist zwar mühsam, aber bevor ich nachher Diskussionen habe, rufe ich lieber an“, sagt Becker. 

Insbesondere im Olympia-Jahr 2024 ist der Turnierkalender prall gefüllt und die genaue Planung eine Herausforderung. „Mit der neuen Nationenpreisserie haben wir schon Anfang Februar einen Nationenpreis in Abu Dhabi, der nächste ist Ende März in Ocala. Für mich ist die Nationenpreisserie die wichtigste Serie überhaupt. Aber trotzdem muss auch die Planung Richtung Paris passen. Wir wollen und dürfen die Pferde nicht überfordern. Deswegen machen wir auch schon Pläne, wer da in Frage kommt, wer genügend Pferde hat.“

Der Reitsport hat ein wachsendes Problem mit der Akzeptanz in der Bevölkerung, dessen ist auch Otto Becker sich sehr bewusst.  

„Es gibt ganz generell ein gesellschaftliches Problem mit Tieren. Es werden alle Tiere vermenschlicht. Da ist viel Gutes passiert, die Haltungsbedingungen haben sich verbessert.   Die ganze Diskussion hat natürlich auch viele positive Punkte. Aber es wird natürlich auch oft übertrieben. Wir müssen mit einem guten Beispiel voran gehen und zum Wohl der Pferde auch mal verzichten. Dies müssen wir dann auch transparent rüberbringen. Früher kannte jeder das Pferd, teilweise noch als Arbeitstier, ganz früher noch aus dem Krieg. Da war das Pferd präsenter“, findet Otto Becker. Die heutige Generation kenne Pferde nicht mehr so, habe eine andere Einstellung. „Da können wir nur mit den Leuten sprechen, aufklären und versuchen, ihnen den Sport näher zu bringen. Wir müssen deutlich machen, dass wir auch unserer Verantwortung den Pferden gegenüber gerecht werden. Das ist eine Herkules Aufgabe und wird mit Sicherheit nicht einfach.“

Auch weil Kritiker immer häufiger bemängeln, dass der Spitzensport droht, zu stark vom Geld dominiert zu werden. 

„Ja, die Gefahr ist da. Natürlich wollen die Pferdebesitzer, dass die Pferde dort gehen, wo sie auch viel Geld gewinnen können. Die Unterhaltung der Ställe ist sehr teuer, auch im Reitsport sind die Kosten explodiert, und natürlich will man als Reiter auch bei den Highlights dabei sein. Das Geld spielt eine große Rolle, aber natürlich darf das auch nicht alles sein. Auch da müssen wir unserer Verantwortung dem Pferd gegenüber gerecht werden und da sind wir mit dem Social License auf einem guten Weg“, appelliert der Bundestrainer. 

Und welche Tipps gibt er Nachwuchsreitern auf den Weg nach oben mit?

„Ich würde sagen, dass es ein langer, steiniger Weg ist. Dass man Ausdauer braucht, dass man immer versuchen muss, sich weiterzuentwickeln. Und, dass man das Lebewesen Pferd im Auge hat, dem Pferd gerecht wird. Dass man sich Zeit nimmt, das Pferd vernünftig ausbildet und in das Pferd hinein hört. Da ist Geduld gefragt, da ist Horsemanship gefragt. Da wird es auch mal einen Schritt zurück geben. Aber wenn man dann ruhig bleibt und weiterarbeitet, dann geht es auch wieder einen Schritt nach vorn. Seriosität, Geduld und eine gute Ausbildung werden sich am Ende durchsetzen“, ist sich der Bundestrainer sicher. 

Die Kritik von der Springsport-Legende John Whitaker an der jungen Generation, die sich heute kaum noch etwas bei den Profis abguckt, sondern nur noch aufs eigene Handy starrt, teilt Otto Becker.  

„Er hat es auf den Punkt gebracht. John Whitaker war auch für mich in meiner aktiven Zeit schon ein Vorbild, weil er mit einem Minimum an Aufwand das Maximum erreicht hat. Also nicht Minimum an Aufwand in Form von nichts tun, sondern er ist immer sehr Pferde-schonend geritten. Das hat er wie kein Zweiter gemacht. Die jungen Reiter früher sind zum Abreiteplatz gegangen, bevor das Springen anfing, haben den ersten Startern zugeguckt. Das ist heute in der Masse nicht mehr so“, findet Otto Becker und benennt ein leuchtendes Gegenbeispiel: „Es ist unglaublich, wie interessiert Richard Vogel ist, er ist da wenn die anderen abspringen, er sieht sich alles an, er ist mit Leib und Seele dabei, der brennt, aber so muss das sein, wenn man Erfolg haben will. Und man muss, wenn Chancen kommen, sie auch ergreifen.“ 

Auch Otto Becker brennt noch immer für den Springsport – daran ändert auch der demnächst runde Geburtstag nichts. 

„Ich fühle mich nicht so, als müsste ich in Rente gehen oder als würde sich jetzt alles ändern. Ich hoffe, dass ich lange fit und gesund bin und alles so weiter machen kann. Es wird auch nie langweilig. Außerdem habe ich auch noch drei Mädels, mit denen fahre ich ja auch noch los“, lacht Otto Becker, der mit seiner Familie in Sendenhorst lebt. 

Wie es für ihn nächstes Jahr nach den Olympischen Spielen in Paris weiter geht, weiß er selber noch nicht. „Ich hoffe, dass ich den richtigen Moment für den Absprung finde, als Reiter habe ich das geschafft. Das ist auch wichtig, bevor ich die Reiter irgendwann nicht mehr erreiche. Aber noch ist das kein Thema, noch habe ich für mich selber keine Entscheidung getroffen“, gibt er zu. Und schließlich gehören zu so einer Entscheidung ja auch noch andere dazu:  die Familie, die Reiter, der Verband, alle müssten das schließlich auch wollen. 

„Ich lasse das im Moment mal alles so ein bisschen auf mich zukommen. Es ist ja noch etwas hin“, wiegelt Otto Becker ab. 

Und er erzählt von seinem Rücktritt als Reiter, dem perfekten Moment: „Ich dachte immer, wenn der Moment passt, gerade ein Erfolg da ist, dann ist Schluss. Das habe ich aber keinem gesagt. Als dann Ende Oktober bekannt wurde, dass ich Bundestrainer werde, wollte mich jeder auf jedem Turnier aus dem Sport verabschieden. Das wollte ich ums Verrecken nicht“, lacht Otto Becker, der lange einer der erfolgreichsten Reiter Deutschlands war. 

Auch die German Classics in Hannover fragten an, wollte ihn ehren und zogen hinter den Kulissen die Fäden. Seine Eltern wurden eingeladen, die Besitzer von Cento und auch der Schimmel wurde von der Rentner-Koppel geholt. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff war da, Hans Günter Winkler ebenso. „Und dann habe ich mich als Letzter für den Großen Preis am Sonntag qualifiziert. War dadurch erster Starter im Großen Preis und war Null. Da hatte ich schon ein komisches Gefühl. Im Stechen ist mir dann alles gelungen und der Lunatic war ein sehr schnelles Pferd. Als ich raus ritt, kamen mir schon die Tränen. Und die kommen mir bei dem Gedanken fast heute noch. Da war mir klar, das ist der Moment und das war dann auch so. Ich habe den Großen Preis gewonnen, vor Janne Meyer und Carsten Otto Nagel. Und habe dann im selben Moment auch Schluss gemacht. Das hat auch gepasst. Weil bei der Siegerehrung alle da waren. Da war das natürlich eine runde Sache und ich hatte danach nie Entzugserscheinungen, weil ich aufgehört habe. Vielleicht auch deshalb, weil keine Rechnung offen war. Weil ich so ein Super Ende hatte.“ 

Ein Super Ende als Bundestrainer wünschen wir ihm auch…möge es nur, bitte, noch nicht so bald sein…

Alles Liebe, Glück und Gesundheit zum Geburtstag Otto Becker. Und weiter so viel Erfolg mit dem deutschen Team!!!

Text und Interview: Corinna Philipps