„Darauf sind wir wirklich stolz.“ Sophie Hinners und Richard Vogel im Interview über das große Glück der gemeinsamen Nominierung zur EM, über Stärken und Schwächen, Konkurrenz und Medaillenhoffnungen 

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Es ist eine Premiere: Sophie Hinners und Richard Vogel sind das erste Paar, das gemeinsam für eine deutsche Championatsmannschaft nominiert wurde, für die EM in A Coruna (vom 16. bis 20. Juli). Bei der Europameisterschaft in A Coruna kämpfen die beiden Top-Springreiter ab Mittwoch zusammen im Team für Deutschland um Medaillen, könnten aber auch zu Konkurrenten um den Sieg in der Einzelwertung werden. spring-reiter.de hat mit Richi und Sophie über ihre Gefühlslage, Teamwork in der Beziehung, über Konkurrenz, große Ziele und über die Stärken und Schwächen des jeweils Anderen gesprochen.

Wie habt ihr die gemeinsame Nominierung für die Europameisterschaft in Spanien erlebt?

Richi: „Es war ein unheimlich tolles Gefühl, als wir erfahren haben, dass nicht nur einer von uns bei der Euro dabei ist, sondern wir beide. Darauf sind wir wirklich stolz. Es ist immer etwas Besonderes, Deutschland in einem Championat zu vertreten. Nationenpreise sind schon etwas Besonderes und ein Championat toppt das noch. Aber dass wir beide nun dahin fahren dürfen, das ist einzigartig.“

Sophie: „Für mich ist es auch etwas ganz Besonderes. Es ist meine erste Teilnahme an einem Championat. Ich freue mich sehr, auch natürlich darüber, Richi dabei an meiner Seite zu haben und die volle Unterstützung dabei zu haben. Ich hoffe, wir werden da schöne Momente haben. Ich finde es ist etwas ganz Tolles, weil wir unsere Leidenschaft teilen, beide auf dem Niveau reiten und miteinander den Sport genießen können. Es ist etwas ganz Schönes. Wir können uns gegenseitig unterstützen. Wir sind voll fokussiert, arbeiten zusammen darauf hin und hoffentlich können wir beide dort auch gut abliefern.“ 

Wie bereitet ihr euch vor?

Richi: „Das ist natürlich ganz individuell und kommt auf die verschiedenen Pferde an. United Touch S und My Prins sind grundlegend verschieden. In meinem Fall habe ich das Turnierjahr etwas langsamer angehen lassen, United ist natürlich schon in Basel beim Weltcup-Finale gegangen und in Aachen, aber ansonsten habe ich gar nicht so viele Turniere mit United bestritten.“

Sophie: „My Prins ist ja auch schon Weltcup-Turniere gestartet und war ja auch im Finale dabei. Danach hatte er erst mal eine verdiente Pause. Jetzt haben wir wieder ein paar Turniere gemacht unter anderem auch in Rotterdam, da sind wir Nationenpreis geritten. Das war sein Abschlussturnier vor der Euro.“

Was würdet ihr sagen, sind die Stärken und Schwächen des jeweilig anderen? 

Richi: „Sophie hat eine unheimliche Nervenstärke. Obwohl sie noch nicht mega viel Erfahrung hat, zumindest noch keine Championatserfahrung, schätze ich sie als sehr nervenstark ein und das ist, glaube ich, ein großer Pluspunkt.“

Richi lacht: „Mit den Schwächen wird es schwieriger, Stärken könnte ich mehr aufzählen als Schwächen. Da fällt mir spontan keine ein. Anders herum ist da sicher einfacher.“

Sophie: „Zu Richis Stärken gehört auf jeden Fall sein Perfektionismus. Die Gedanken, die er sich macht, um alles auf 100 Prozent zu haben, das ist für mich jedesmal wieder erstaunlich. Jeder weiß auch, wie fleißig Richi ist und wie gut er sich auf die verschiedenen Pferde super schnell einstellen kann. Er hat einfach ein Gefühl für die Pferde.“

Und welche Schwächen hat Richi?

Richi grinst: „Jetzt dauert es etwas länger…“

Sophie lacht: „Ich würde sagen, Richi kann schon mal ein bisschen launisch sein. Bei ihm kann die Laune viel schneller kippen als bei mir. Das ist aber natürlich nicht wirklich eine Schwäche, wäre es ihm alles immer gleichgültig, dann wären wir ja auch nicht da, wo wir sind.“

Vor der EM 2025: Sophie Hinners & Richard Vogel im Interview mit spring-reiter.de

Wie ist die Konkurrenzsituation untereinander?

Sophie: „Ich würde sagen, wir versuchen beide, jeweils besser zu sein als der andere. Die größte Freude ist es natürlich, wenn einer von uns vorne steht. Aber wenn das Stechen läuft, versuchen wir auf jeden Fall gegeneinander anzutreten, um sich danach miteinander freuen zu können.“

Richi: „Dem kann ich nur zustimmen. Spätestens wenn es in den Parcours geht, dann ist man auch kein Gentleman mehr, dann geht es um die Wurst. Da will schon jeder sein Bestes geben, und wenn Sophie mal langsamer ist, hätte sie einfach schneller reiten müssen.“ 

Einer von euch hat zwei Fehler, der andere bleibt fehlerfrei? Wie geht ihr damit um? 

Richi: „Das kommt ganz darauf an, wie die zwei Fehler zustande kamen und wie die Null-Runde war. Manchmal hat man ja eine super Runde, das Pferd sprang super, man hat gut geritten und hat zwei Fehler. Das gibt es ja mal. Und dann gibt es auch die Situation, du bist zwar Null geritten, denkst dir aber, eigentlich bin ich nicht gut geritten. Ich habe das Pferd in nicht so gute Situationen gebracht, das Pferd hat mich zwar gerettet und hat es noch irgendwie Null rüber geschafft. Daher ist man manchmal mit einer Null-Runde weniger zufrieden. Das ist situationsabhängig. Wenn wir mit unserer eigenen Performance nicht so zufrieden sind können wir uns über die gute Performance des jeweilig anderen freuen. Das ist so ein netter Bonus, den man hat, wenn man so ein Team um sich herum hat, mit David und Sophie und den ganzen Leuten zu Hause. Es kommt selten vor, dass jeder eine schlechte Runde oder einen schlechten Tag hat. Für einen von uns läuft es meistens schon ganz ordentlich. Dann ist das auch ein Lichtblick am Ende des Tunnels.“

Habt ihr Rituale vor großen Prüfungen?

Sophie: „Nein eigentlich nicht. Ich versuche einfach, mich zu fokussieren. Ich habe immer das Gefühl, wenn ich entspannt und gelassen an die Herausforderungen herangehe, dann kann ich viel besser reiten, als wenn alles so verkrampft ist.“ 

Richi: „Ich bin nicht abergläubisch und habe auch keine Rituale. Natürlich hat man einen klareren Kopf, wenn man weiß, wir haben in der Vorbereitung eigentlich alle Kästchen abgehakt. Wir haben alles durchdacht, alles durchgespielt, wir sind auf sämtliche Eventualitäten vorbereitet. Dann reitet man logischerweise unbeschwerter, als wenn man sich fragt, habe ich jetzt alles eingepackt, habe ich nicht noch was vergessen. Da geht auch ein großes Lob an unser Team, die auch vieles für uns erledigen, damit wir den Kopf für die Reiterei frei haben können. Da können wir uns zu 100 Prozent drauf verlassen und das hilft natürlich.“

Macht ihr einen gemeinsamen Plan für den Parcours?

Richi: „Ja und nein. Viele anspruchsvolle Parcours lassen ja viele Optionen offen. Da sieht man, wenn die Prüfung rum ist, in jeder Distanz ein zwei verschiedene Varianten, wie man die Aufgabenstellung handeln kann. Mal macht jemand zur Kombination einen Galoppsprung mehr, mal die normale Anzahl und vielleicht auch mal einen weniger. Bei mir mit United Touch S ist der besondere Fall, dass ich ein Pferd mit einem besonders großen Galopp habe, und ich daher schon immer mal an einen Galoppsprung weniger denke. My Prins hat zwar auch einen großen Galopp aber doch mehr in der klassischen Art und Weise. Insofern sind die Pläne für die jeweiligen Pferde mit Sicherheit verschieden. Wir sind aber über die Aufgabe mit zum Beispiel My Prins relativ schnell einer Meinung. Klar kann es auch mal eine Unstimmigkeit geben, das wird dann diskutiert. Aber spätestens, wenn man das Glück hat, dass man sich noch ein paar Reiter angucken kann und weiß, wie sich der Parcours reitet, dann sind wir auf einer klaren Linie“ 

Gibt es bei aller Harmonie auch mal Stress zwischen euch?

Sophie: „Das gehört dazu, eine Meinungsverschiedenheit zu haben, wo man sich gegenseitig austauscht, jeder erklärt, wie er darüber denkt. Manchmal kommt dann ja auch bei dem Anderen die Einsicht: Ja, so habe ich das noch gar nicht gesehen. Da hast Du Recht. Da kann man ja auch gegenseitig voneinander lernen, wenn man am Ende wieder auf einen guten Nenner kommt.“

Richi: „Absolut. Ich glaube, auch wenn man sich mal streitet, ist es an sich nichts Schlimmes. Es kommt darauf an, dass man sich hinterher auch wieder vertragen kann. Mit David haben wir auch einen erfahrenen Reiter an unserer Seite, der ja auch schon Championate geritten ist, auf den wir dann auch immer vertrauen können, wenn es um offene Fragen geht, der uns hilfreich zur Seite steht. Es gibt auch immer mal wieder von einem von uns neue Denkansätze, die man vielleicht so gar nicht auf dem Schirm hat. Das kann dann auch schon mal zu Diskussionen führen, aber das ist auch eine Bereicherung.“

Was sind Eure persönlich gesetzten Ziele bei der EM in Spanien?

Richi: „Mein Ziel ist, eine Medaille mit der Mannschaft und möglichst gut in der Einzelwertung abzuschneiden.“

Sophie: „Ich würde mir eine Team-Medaille wünschen und einen Platz in den Top-Ten der Einzelwertung.“

spring-reiter.de wünscht den deutschen Reitern viel Erfolg und viele Medaillen bei der EM in A Coruna.