Die FEI-Generalversammlung hat mit 96 % Zustimmung die neu strukturierten FEI-Springregeln genehmigt, die am 1. Januar 2026 in Kraft treten werden. Der vorgeschlagene Artikel 259 über aufgezeichnete Verwarnungen beim Springen wurde ebenfalls genehmigt. Das heißt: Künftig dürfen Pferde auch dann weiter im Wettbewerb bleiben, wenn bei ihnen Blut sichtbar ist – sofern sie nach einer tierärztlichen Kontrolle als „fit to compete“ gelten. Das sind die ab 1. Januar 2026 geltenden Grundsätze:
- Neue obligatorische Überprüfung der Wettkampftauglichkeit durch die Bodenjury in Absprache mit dem Veterinärbeauftragten in allen Fällen, in denen Blut festgestellt wurde.
- Pferde dürfen nur dann weiter am Wettkampf teilnehmen, wenn sie nach der oben genannten tierärztlichen Untersuchung für wettkampftauglich befunden wurden.
- Klarere Regeln für FEI-Funktionäre, wodurch die Unterscheidung zwischen „geringfügigen” Verstößen entfällt und eine größere Einheitlichkeit und Objektivität gewährleistet wird.
- Erhöhte Transparenz und Rechenschaftspflicht für Athleten, da alle aufgezeichneten Verwarnungen im Springreiten von der FEI veröffentlicht werden.
- Automatische Benachrichtigung der nationalen Verbände über alle aufgezeichneten Verwarnungen im Springreiten, die ihre Athleten betreffen, damit sie die Fälle besser überwachen und entscheiden können, ob zusätzliche Tierschutzkontrollen oder -maßnahmen erforderlich sind.
Die folgenden Regeln bleiben unverändert in Kraft: - Obligatorische Disqualifikation bei übermäßigem Einsatz von Sporen;
- Bestimmungen zum Missbrauch von Pferden; und
- die Möglichkeit, separate Disziplinarverfahren einzuleiten, um zusätzliche Sanktionen zu verhängen.
„Trotz unterschiedlicher Meinungen konnten wir ein klareres Verständnis für die Positionen der anderen gewinnen und auch einige Missverständnisse und Fehlvorstellungen ausräumen", sagte FEI-Generalsekretärin Sabrina Ibanez. "Wir erkennen an, dass die Zustimmung nicht einstimmig war, und haben die Forderung mehrerer nationaler Verbände nach einem harmonischeren Ansatz für dieses Thema über alle Disziplinen hinweg zur Kenntnis genommen. Wir werden uns intensiv damit befassen und verpflichten uns, es sorgfältig zu prüfen, um die Bedenken besser zu verstehen und sie im weiteren Verlauf zu berücksichtigen.“
FEI-Sprungdirektor Todd Hinde stellte den Hintergrund des Prozesses vor, der darauf abzielt, dass die Regeln robust, benutzerfreundlich, einfach und konsistent sind. Als Einleitung zu den Diskussionen über Artikel 259 zu aufgezeichneten Verwarnungen im Springreiten stellte Hinde Statistiken aus diesem Jahr vor und wies darauf hin, dass es 340.000 Starts gab, mit 101 disqualifizierenden Blutverunreinigungen, von denen die meisten auf Blut an den Flanken zurückzuführen waren, was 0,029 Prozent aller Starts entspricht. Von diesen wurden nur vier Athleten in diesem Zeitraum zweimal disqualifiziert. Er betonte, dass diese deutlich geringere Anzahl von Fällen die Auswirkungen der in der Vergangenheit eingeführten Regeln zu Sporen widerspiegele, die klarer definierten, was erlaubt ist und was nicht.
„Pferde mit frischem Blut werden in Deutschland weiter disqualifiziert“
20 Nationen haben gegen die Änderung der Blood-Rule gestimmt, 56 dafür. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) spricht sich weiterhin dagegen aus. FN-Präsident Martin Richenhagen erklärt, warum die FN an klaren Regeln festhält, weshalb das Thema über den Einzelfall hinausgeht und welche Verantwortung der Pferdesport gegenüber Gesellschaft und Tierwohl trägt.
Herr Richenhagen, die FEI hat nun beschlossen, die sogenannte „Blutregel“ im Springreiten zu lockern. Was halten Sie davon?
Ich halte das für einen klaren Fehler. Blut hat im Pferdesport nichts zu suchen. Auch wenn die Zahl der Fälle weltweit sehr gering ist – zuletzt bei jedem 3.366 Start, wobei es zu mehr als 99 Prozent ganz geringfügige Kratzer sind – das Thema steht sinnbildlich für unseren Umgang mit dem Pferd. Wenn ein Pferd durch den Reiter verursacht blutet, kann es nicht weiter am Wettbewerb teilnehmen. Das ist eine Frage des Respekts und der Verantwortung.
Die FEI argumentierte im Vorfeld, dass es auch harmlose Ursachen geben kann – etwa, wenn das Pferd einen leichten Kratzer im Einwirkungsbereich des Schenkels hat.
Es gibt solche Fälle. Aber die Regel zu lockern, halte ich nicht für richtig. Wir brauchen in dieser Frage keine Grauzonen. Jede sichtbare Verletzung ist ein Signal, das wir ernst nehmen müssen – und kein Anlass, die Messlatte niedriger zu legen. Wenn wir anfangen, Blut zu relativieren, verlieren wir die Achtung vor dem Lebewesen Pferd und das Vertrauen der Gesellschaft.
Also eine klare Nulltoleranz-Haltung?
Ja, unbedingt. Wir müssen uns bewusst sein: Wir stehen unter Beobachtung. Menschen, die den Pferdesport nicht kennen, sehen Bilder von Pferden mit Blut – und das löst Empörung aus. Und das zu Recht. Wir wollen Pferdesport mit gesunden, glücklichen Pferden zeigen – nicht mit Pferden, die offensichtlich verletzt sind.
Kritiker befürchten, dass die Regel zu streng ist und Reiter für minimale Verletzungen bestraft.
Ich verstehe diesen Einwand, aber das Ziel ist ja nicht, jemanden zu bestrafen – sondern dafür zu sorgen, dass so etwas gar nicht passiert. Wer verantwortungsvoll mit seinem Pferd umgeht, wird in der Regel kein Problem haben. Eine klare Regel schafft Bewusstsein und Achtsamkeit.
Viele Nationen sehen das ähnlich wie Deutschland. Ist das ein Signal an die FEI?
Ja, absolut. Wir sind nicht allein mit dieser Haltung. 20 Nationen haben gegen die Regeländerung gestimmt. Wir werden weiterhin an dem Thema bleiben.
Was erwarten Sie konkret von der FEI?
Die Regeländerung ist nun beschlossen. Sie tritt zum 1. Januar 2026 in Kraft. Nun werden wir im kommenden Jahr sehen, wie viele Verwarnungen ausgeprochen werden. So oder so bleiben wir dabei: Das Wohl des Pferdes steht über allem. Wir handeln aus Liebe zum Pferd und im Dienste der Menschen.
Wie steht die FN zu möglichen nationalen Lösungen?
Unser Anspruch ist, im Pferdesport Vorbild zu sein. Das bedeutet: höchste Standards im Umgang mit unseren Pferden. Pferde mit frischem Blut im Einwirkungsbereich oder einer Verletzung werden hierzulande disqualifiziert und so soll es auch bleiben.
Was würden Sie denjenigen sagen, die meinen, der Pferdesport müsse pragmatischer werden?
Pragmatismus hört dort auf, wo es um Tierwohl geht. Wir müssen zeigen, dass sportlicher Erfolg und pferdegerechtes Handeln zusammenpassen. Das ist unsere Verantwortung – gegenüber den Pferden, aber auch gegenüber der Gesellschaft. f(npress/sag)
