Sophie Hinners: „Ein ganz großer Traum wäre es, den Nationenpreis in Aachen einmal mitreiten zu dürfen!“

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Bundestrainer Otto Becker sagt ihr eine große Zukunft  voraus und auch Marcus Ehning sowie ihr Förderer, der niederländische Olympia-Reiter und Trainer Emile Hendrix , bescheinigen ihr „enormes Talent sowie eine sehr komplette Persönlichkeit mit toller Arbeitseinstellung“:  Sophie Hinners hat ihre bisherige Bilderbuchkarriere 2021 mit dem Titel der Deutschen Meisterin gekrönt und ist im letzten September beim CHIO Aachen  in die  5-Sterne-Liga der Springreiter aufgestiegen.  spring-reiter.de hat die sympathische und bodenständige U-25 Reiterin ohne Star-Allüren zum Interview getroffen.

„2021 war für mich ein sehr schönes Jahr mit ganz vielen schönen Momenten. Ein großes Highlight war natürlich der Sieg bei den Deutschen Meisterschaften in Balve. Dann bin ich 2021 das erste Mal Nationenpreis geritten und wir haben als Team in Budapest gleich gewonnen. Es folgte ein weiterer Nationenpreiseinsatz in Warschau. Ein ganz besonderes Highlight war der CHIO Aachen, wo Vittorio und ich uns für den Großen Preis qualifizierten“, fasst die 24jährige ihr sportlich bisher erfolgreichstes Jahr zusammen.

Abgehoben ist Sophie Hinners, die seit zwei Jahren auch Trainee an der Young Riders Academy ist, trotz ihrer großen Erfolge nicht. Verändert hat sich lediglich, dass sie leichter Startgenehmigungen bekommt. „Mein Alltag beginnt um sieben Uhr. Meistens fange ich dann mit füttern und misten an. Dann reite ich im Durchschnitt neun Pferde am Tag, die mir nacheinander fertig gemacht werden. Halb eins ist kurz Mittagspause. Und nach dem Reiten wird wieder Stallarbeit gemacht, Sattelzeug geputzt, die Stallgasse gefegt, Pferde rein oder raus oder in die Führmaschine gestellt. Was halt so anfällt.“ Die Deutsche Meisterin packt überall mit an, ist geerdet und bescheiden. Seit dem letzten Frühjahr verstärkt sie das Team von ihrem Freund Richard Vogel und dem EM-Vize-Meister (Mannschaftswertung) David Will in der VW Equestrian GmbH. Während Will und Vogel die Pferde in Dagobertshausen reiten, betreut sie mit u.a. Mylen Kruse 25 Pferde in Pfungstadt. Dort wohnt sie auch zusammen mit Richard Vogel, wenn er nicht gerade auf einem Turnier ist. 

Das Pferde-Virus hat sie früh erwischt. „Ich bin mit vier Jahren meine ersten Führzügelklassen geritten. Meine Tante und mein Cousin Lennert Hauschild haben mich zum Reiten gebracht. Erst bin ich mit Ponys bis L-Dressur geritten. Dann ging es nicht mehr so richtig weiter, weil ich nur Spring-Ponys unter dem Sattel hatte.“  Sophie wechselte die Disziplin. „Das habe ich definitiv nie bereut“, lacht die Springreiterin, die in Vierden in Niedersachsen aufgewachsen ist.

Trotz der Liebe zu den Pferden  war eine Karriere im Springsattel eigentlich nicht ihr Plan. Tierärztin wollte sie eigentlich werden.  „Mir wurde  jedoch schnell klar, dass es schwer werden würde, Tierärztin zu sein und nebenbei auf hohem Niveau Turnier zu reiten“,  erinnert sich Sophie. Ein Studium sollte es nach dem Abitur trotzdem sein. „Das Problem war allerdings, dass ich nicht so recht wusste was ich studieren sollte.“ Um „keinen Leerlauf zu haben“ absolvierte sie erst einmal eine Ausbildung im Springstall von Hergen Forkert in Bremen.  Und dann nahm das Schicksal seinen Lauf.

Emile Hendrix, niederländischer Olympia-Reiter, internationaler Pferdehändler und Trainer sah Sophie reiten und machte ihr ein Angebot. Nach ihrer Ausbildung wechselte sie 2018 zu Hendrix in die Niederlande, ein Glückfall für die talentierte Amazone. Denn von nun an ging es im internationalen Sport steil nach oben. „Ich habe bei Emile in drei Jahren wahnsinnig viel gelernt „, erzählt Hinners dankbar. Ein enger Kontakt entstand, der bis heute besteht, obwohl sie mittlerweile  ein Team-Mitglied bei David Will und Richard Vogel ist.

„Die Verbindung ist nach wie vor sehr gut“, erzählt Sophie. Und das ist auch gut so, denn ihr Top-Pferd Vittorio, mit dem sie die Deutsche Meisterschaft gewann und mit dem sie den Großen Preis beim CHIO Aachen bestritt, gehört Hendrix und steht ihr auch weiter zur Verfügung. Genau wie der „super leichtrittige“ Schimmel Fair Field, den sie bei der U-25 Tour in Genf vorstellte. „Bei Vittorio habe ich das Glück, dass der nicht zu verkaufen ist. Da würde für mich sonst auch schon eine halbe Welt zusammenbrechen“, gibt die Senkrechtstarterin im Springsattel zu.

Auch wenn der Verkauf der Pferde für sie zum Geschäft gehört: „Ich bin so aufgewachsen. Wir hatten auch immer einen Handelsstall und die Pferde wurden eigentlich grundsätzlich verkauft. Daher habe ich damit kein großes Problem. Aber natürlich hat man immer eine gewisse Verbindung zu den Pferden, gerade, wenn man sie schon eine lange Zeit geritten ist.“  Wie ernst es ihr mit der guten Verbindung zwischen Pferd und Reiter ist, kann man beobachten, wenn man ihr beim feinen, unaufwendigen, ruhigen und gefühlvollen Training mit den Pferden oder auf dem Abreiteplatz zusieht.

 „Für mich ist es sehr, sehr wichtig, dass ich als Reiter eine sehr gute Verbindung zu den Pferden habe, weiß, wie sie ticken, welchen Charakter sie haben. Man bestreitet den Parcours zusammen und daher spielt Vertrauen für mich eine große Rolle. Wenn Vertrauen nicht da ist, fehlt eine große Basis. Ich genieße es daher auch mal, mit den Pferden spazieren zu gehen, mit ihnen zu kuscheln. Man kann eben nicht nur aufsteigen, und sie anschließend wieder weg stellen. Man sollte sich schon intensiv mit dem Partner Pferd beschäftigen, es nicht als Sportgerät sehen“, bringt Sophie Hinners ihre Einstellung zum Thema horsemanship auf den Punkt. 

Diese feine, intelligente Einstellung muss auch den Holsteiner Verband überzeugt haben. Ab Januar 2022 bekommt Sophie Hinners mit dem Verbands-Hengst Million Dollar (v. Plot Blue) einen Nachwuchs-Kracher in den Stall, der schon unter Frank Schuttert auf sich aufmerksam machte.

Ihre Ziele und Wünsche für 2022 hat die junge Springreiterin, die lieber Coldplay als Helene Fischer hört, auch schon klar definiert: „Ich würde schon gerne an die Erfolge von 2021 anknüpfen. Auf 5-Sterne-Turnieren mitreiten und bei Großen Preisen. Das allergrößte Ziel wäre Aachen. Und dann hoffe ich, dass meine Pferde weiterhin fit bleiben.“ Und, dass es weiter so gut im Team läuft wie bisher. Sophie Hinners ist eine Team-Playerin, eine Selbstständigkeit kann sie sich eher nicht vorstellen: „Das Gute ist, dass wir alle sehr verschieden sind und uns dadurch sehr gut ergänzen. Neid und Missgunst gibt es gar nicht. Jeder gönnt jedem alles. Wir verstehen uns untereinander einfach sehr gut, können uns super gut austauschen und auch Kritik üben.“

Irgendwann  würde die Deutsche Meisterin auch gerne mal ein Championat reiten. Wie zum Beispiel eine Europameisterschaft. „Ein ganz großer Traum wäre es, den Nationenpreis in Aachen einmal mitreiten zu dürfen“, gesteht  Sophie Hinners, deren große Vorbilder Marcus Ehning und Steve Guerdat sind. „Weil bei ihnen das Reiten so einfach aussieht, sie immer eins mit dem Pferd sind.“  Das nötige Talent, den Ehrgeiz und den Fleiß dazu hat sie auf jeden Fall. Darüber sind sich alle einig.