Interview mit Daniel Deusser: „Man muss lernen sich anzupassen und geduldig zu sein, um das Beste aus seinem Pferd herauszuholen!“
Daniel Deusser und Killer Queen beim CHIO Aachen. Foto: Ashley Neuhof

Interview mit Daniel Deusser: „Man muss lernen sich anzupassen und geduldig zu sein, um das Beste aus seinem Pferd herauszuholen!“

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Inside the Rolex Grand Slam Interview mit Daniel Deusser.

2021 war ein herausragendes Jahr für Sie. Was sind Ihre wichtigsten Ziele für 2022?

Nachdem ich den Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen gewonnen habe, ist mein größtes Ziel im Moment der Sieg beim Rolex Grand Prix im Rahmen des The Dutch Masters im März. Denn wenn ich dort gewinne, habe ich die Chance auf einen Bonus. Meine gesamte Planung und Vorbereitung konzentriert sich jetzt darauf, nach ’s-Hertogenbosch zu fahren und zu versuchen, dort den Rolex Grand Prix zu gewinnen.

Angesichts der Pandemie ist es schwierig zu planen, da viele Turniere abgesagt werden. Aber es gibt ein paar Turniere, auf die ich mich wirklich freue, darunter La Baule, bei dem Rolex jetzt Partner ist. Ich war noch nicht oft dort, weil andere Nations Cup-Turniere anstanden oder der deutsche Chef d’Equipe andere Pläne hatte. Deshalb freue ich mich dieses Jahr sehr darauf, dort zu an den Start zu gehen. Natürlich finde ich es toll, beim CHIO Aachen zu springen, und ich würde dort sehr gerne noch einmal den Rolex Grand Prix gewinnen.

Wie bereiten Sie sich auf das The Dutch Masters vor und welche Pferde werden Sie mitnehmen?

Im Moment plane ich, Scuderia 1918 Tobago Z mitzunehmen. Ich habe ihn nicht nach Florida [zum Winter Equestrian Festival] mitgenommen, er ist also noch frisch für den Rolex Grand Prix beim The Dutch Masters. Er ist ein sehr gutes Pferd für die Hallensaison und hat das letzte Jahr in Topform beendet. Das The Dutch Masters ist in vielerlei Hinsicht ein fantastisches Turnier. Ich gehe immer wieder gerne dorthin und die Aussicht auf den potenziellen Rolex Grand Slam-Bonus macht es für mich umso aufregender, wieder nach ’s-Hertogenbosch zu kommen.

Was hebt Ihrer Meinung nach die Majors in diesem Jahr von anderen Turnieren ab?

Die Organisation der Majors des Rolex Grand Slam of Show Jumping ist phänomenal, das Niveau ist immer sehr hoch und die Bedingungen sind für Pferde und Reiter optimal. Natürlich heben sich diese Turniere auch durch die Preisgelder von den anderen ab, was sie für alle Beteiligten sehr spannend macht: die Reiter, die Besitzer und die Fans des Sports. Zu den Majors kommen mehr Zuschauer als zu anderen Turnieren, das schafft einfach eine unglaubliche Atmosphäre. Bei nicht vielen anderen Turnieren können so viele Zuschauer dabei sein – die Stadien des CHIO Aachen und des CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘ zum Beispiel sind unerreicht, das hebt die Majors definitiv von anderen Turnieren ab. Die Majors haben zudem eine so reiche Geschichte und Tradition. Die besten Reiter der Welt haben an ihnen teilgenommen und jetzt ist meine Generation von Reitern ebenfalls ein Teil ihrer Geschichte – das macht eine Teilnahme zu etwas ganz Besonderem.

Ich finde, der Rolex Grand Slam of Show Jumping ist durchaus mit den Grand Slams im Tennis oder Golf vergleichbar – der CHIO Aachen ist zum Beispiel so etwas wie das Wimbledon des Pferdesports. Die Majors finden an tollen Orten statt und haben eine unglaubliche Fangemeinde. Ich denke also schon, dass man als Reiter auf jeden Fall eine Motivation hat, bei diesen vier Turnieren sein Bestes zu geben.

Killer Queen VDM und Scuderia 1918 Tobago Z  sind wirklich talentierte Pferde. Haben Sie neue/junge Pferde, die dieses Jahr ihr 5-Sterne-Debüt geben werden?

Ich habe zwei sehr talentierte junge Pferde hier in Wellington, die mit mir beim Winter Equestrian Festival antreten: Scuderia 1918 Mr Jones und In Time. Ich habe Scuderia 1918 Mr Jones jetzt seit etwa zwei oder drei Jahren, aber wegen der Pandemie bin ich nicht so viele Turniere mit ihm gegangen. Er ist hier in Amerika, um hoffentlich noch mehr Erfahrung zu sammeln, damit er in die höheren Klassen aufsteigen kann. Neulich ging er hier in einem 1,50m-Springen, ich denke, er ist bereit, bald den nächsten Schritt nach oben zu machen. Er hat sehr viel Potenzial, einen sehr starken Charakter und ist extrem sprunggewaltig, daher freue ich mich wirklich zu sehen, wie er sich in Zukunft entwickelt.

In Time ist eine neunjährige Stute. Ich bin nur ein Turnier mit ihr gegangen, das war beim CHI Genf. Aber ich halte sehr viel von ihr. Sie hat sehr viel Vermögen, ist unkompliziert und will immer vorsichtig sein. Ich habe sie erst seit zwei Monaten, aber ich hoffe wirklich, dass sie in die Fußstapfen von Killer Queen VDM und Scuderia 1918 Tobago Z treten und in der Lage sein wird, ihre Stelle einzunehmen, wenn die beiden sich in ein paar Jahren aus dem Sport zurückziehen.

Beide Pferde brauchen aber noch mehr Erfahrung und Zeit, um sich zu entwickeln, bevor sie die nächste „Killer Queen VDM“ werden. Aber ich denke, wir sind mit diesen talentierten jungen Pferden gut aufgestellt. Mit mehr Erfahrung könnten sie beide meine nächsten Superstars werden.

Wenn Sie nicht auf Turnieren unterwegs sind, wie viel Zeit verbringen Sie mit dem Training der Pferde und der Förderung der jüngeren Pferde?

Wenn ich zu Hause bin, verbringe ich gerne so viel Zeit wie möglich mit den jüngeren Pferden, aber ich bin auch oft auf Turnieren unterwegs. Deshalb haben wir in den Stephex Stables mehrere sehr talentierte Reiter, die die jungen Pferde ausbilden und sie zu Jungpferde- und 2-Sterne-Turnieren mitnehmen, um sie zu fördern. Wenn sie gutes Potenzial zeigen, wie es bei In Time der Fall war, fange ich an sie zu reiten und auf Turnieren vorzustellen, wenn sie acht Jahre alt sind, um zu sehen, ob sie in der Lage sind, in höhere Klassen aufzusteigen.

Wie unterscheiden sich die Winter- und Sommersaison hinsichtlich Ihrer Vorbereitungen?

Die Wintersaison in Europa findet überwiegend in Hallen statt, weshalb wir dann auch überwiegend in Hallen trainieren. Hier in Florida, wo das Wetter wärmer ist, findet alles draußen statt. Für die Pferde ist es eine ziemliche Umstellung, von der Kälte und dem Springen in der Halle ins Warme zu kommen und dann im Freien zu springen. Alle Turniere finden auf Außenplätzen statt, die viel größer sind und auf denen die Pferde viel mehr zu gucken haben. Es ist also schwieriger, sie dazu zu bringen, sich auf die Hindernisse zu konzentrieren.

Es gibt zahlreiche verschiedene Klassen, ich denke, für Pferde wie Scuderia 1918 Mr Jones und In Time ist es sehr gut, sie hierher zu bringen und sie auf die Sommersaison in Europa vorzubereiten. Durch Turniere auf zwei verschiedenen Kontinenten haben wir jetzt tatsächlich unsere Sommersaison ausgedehnt. Letztendlich ist das Ziel, dass unsere Pferde besser auf die Sommersaison in Europa vorbereitet sind. Aufgrund der Pandemie sind uns einige Turniere verloren gegangen, so dass es sehr wichtig ist, dass die Pferde immer noch die Erfahrung sammeln können, die sie brauchen.

Es gibt einige wirklich talentierte junge Reiter, die in der Rangliste nach oben klettern – wer ist Ihrer Meinung nach der Star der Zukunft, auf den man besonders achten sollte?

Da gibt es so viele, dass es schwierig wäre, sie alle aufzuzählen. Ich stehe aber dem amerikanischen Reiter Spencer Smith sehr nahe. Letztes Jahr war er bei Stephex Stables, jetzt ist er hier bei uns in Florida. Ich halte ihn für sehr talentiert und für jemanden, den man in Zukunft unbedingt im Auge behalten sollte. Ein weiterer Reiter, den ich für einen zukünftigen Star halte, ist Jack Whitaker, der Sohn von Michael Whitaker. Er ist noch sehr jung, aber er hat ein fantastisches Gespür, ich glaube, dass er in Zukunft große Erfolge erzielen wird.

Was ist Ihr bester Ratschlag für einen jungen Reiter, der den Sport in Zukunft professionell betreiben möchte?

Man muss Geduld haben. Man sollte meiner Meinung nach auch andere Reiter beobachten – man kann nur vom Zuschauen so viel lernen. Außerdem ist jedes Pferd anders, so dass man lernen muss, sich anzupassen und geduldig zu sein, um das Beste aus seinem Pferd herauszuholen.

Als ich jung war, war ich sehr ehrgeizig. Wenn ich jetzt zurückdenke, finde ich wirklich, dass ich am Anfang mehr Geduld hätte haben sollen. Ich habe immer vielen anderen Reitern zugeschaut und mir angesehen, wie sie mit ihren Pferden gearbeitet und sie aufgewärmt haben. Das ist, glaube ich, mein bester Ratschlag: Man kann den besten Trainer der Welt haben, der einem immer und immer wieder das Gleiche sagt, aber man muss andere Leute beobachten, um zu verstehen, warum sie genau das tun, was sie tun, und wie man es dann selbst auch tun kann. Auf keinen Fall sollte man irgendjemanden kopieren, sondern man sollte alles auf die eigene Art und Weise machen. Aber man sollte auch so viel wie möglich von anderen Reitern lernen.