Maurice Tebbel: „Wir müssen alle zusammen aufpassen, dass unser Sport erhalten bleibt!“

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Maurice Tebbel wirkt entspannt und mit sich und der Welt im Reinen. Er hat die Turbulenzen der letzten Zeit hinter sich gelassen, die Trennung von seinem Olympia-Partner Don Diarado hingenommen, das damit verbundene Aus im Championats-Kader akzeptiert. Zusammen mit seiner Frau Friederike hat er den Blick fest nach vorne gerichtet. Gemeinsam haben sie sich neue Ziele gesetzt. spring-reiter.de hat das Paar zum Interview getroffen. Mit den beiden über Nachwuchshoffnungen, den Abstecher in die Niederlande, den Verlust von Don Diarado, das angekratzte Image des Pferdesports und über neue Ziele gesprochen.

Es war ein Jahr mit vielen Umbrüchen und Neuanfängen: 2022 musste sich der Nationenpreisreiter Maurice Tebbel komplett neu sortieren. Nach dem Abschied seines einen Top-Pferdes Chacco’s Son aus dem Sport und dem Ende der gemeinsamen sportlichen Karriere mit seinem Olympia-Partner Don Diarado stand der heute 28-Jährige plötzlich ohne Championats-Pferde da.

Ein harter Schlag für einen erfolgreichen Top-Reiter, der verlässlich etliche Nationenpreise für Deutschland mitgewonnen und bestritten hatte. Der Spitzenreiter aus Emsbüren zählte mit Don Diarado 2021 zudem zum deutschen Olympia-Team in Tokio und gewann mit Don Diarado die Mannschafts-Bronze-Medaille bei den Weltreiterspielen 2018 in Tryon.

„Klar war es am Anfang erst einmal ein Schock. Das musste ich auch erst einmal verarbeiten“, gibt Maurice Tebbel offen zu, den die Trennung von Don Diarado immer noch schmerzt. Deren Besitzer, die Familie Müter, hatten den Hengst Ende 2021 auf ihre eigene Anlage zurückgeholt und Harm Lahde als neuen Reiter installiert. Nach einer OP musste der Hengst allerdings lange pausieren, ist nur noch selten auf großen Turnieren zu sehen. „Ich habe ihn noch als Hintergrundbild auf meinem Handy. Klar denke ich oft an ihn. Schade, dass man ihn so wenig sieht. Schade um das Pferd“, schließt Maurice Tebbel das Thema ab.

„Ich bin dann eben junge Pferde geritten, dann ging ich zu Tops. Ich hatte den Druck nicht mehr, der schon auch da ist, wenn man im Championatskader ist. Da konnte ich auch mal so befreit drauflos reiten und ich hatte nicht irgendwelche Verpflichtungen“, erzählt Maurice Tebbel. Klar war die Situation für ihn sehr ärgerlich: „Ich reite gerne Nationenpreise und Championate. Das ist auch mein Ziel, wo ich wieder hin will.“

Anfang 2022 ging Maurice Tebbel mit seiner Frau in die Niederlande und fing als Bereiter im Stall des Global Tour Gründers und Pferdehändlers Jan Tops an. „Es war auf jeden Fall erst einmal der richtige Schritt, eine gute Erfahrung. Wir haben mal etwas Neues gesehen, ein anderes System kennengelernt und sicher auch einiges dazugelernt. Gerade für mich war es wichtig und gut, mal etwas anderes zu sehen. Ich war ja bis dahin mit nur einer kleinen Unterbrechung während meiner Ausbildung bei Gilbert Böckmann immer zu Hause.“

Nach weniger als einem halben Jahr war das Gastspiel in Valkenswaard jedoch wieder vorbei: „Ich hatte leider nicht so viele Pferde zur Verfügung, wie es ursprünglich angedacht war. Und dann hatten sich auch privat ein paar Dinge geändert, daher sind wir dann frühzeitig wieder zurückgekehrt“, erklärt Maurice. Er konzentriert sich fortan um die Ausbildung der jungen Pferde. Und da hat er durchaus ein paar Nachwuchshoffnungen im Stall. Wie den Sohn seines einstigen Championats-Pferdes Chacco’s Son, den neunjährigen gekörten Oldenburger Hengst Chacco’s Light (v. Chacco’s Son x Light On)

„Er ist meine große Zukunftshoffnung. Den haben wir selber gezüchtet“, sagt Maurice nicht ohne Stolz. Es könnte wieder einer sein, einer für Championate. Auch Bundestrainer Otto Becker hat den Hengst bereits im Blick. „Er hat einen starken Charakter, ist ein Kämpfer, hat viel Temperament, viel Blut und ist sehr unbeeindruckt von allem, ähnlich wie sein Vater“, erzählt Maurice. In Frankfurt konnte er den Braunen bereits über 1,55m platzieren. Und auch beim CSI5* Weltcup-Turnier in Leipzig sicherte sich Chacco’s Light mit seinem Reiter nach Stechen Platz vier im Championat von Leipzig. Natürlich weckte das Nachwuchstalent auch schon Kaufinteresse: „Bis jetzt haben wir aber standgehalten.“, grinst Maurice. Und Friederike wirft ein: „Mit Chacco’s Light hat man jetzt wieder so eine Perspektive. Der hat einfach eine enorme Qualität, und so sind diese Ziele auch realistisch.“

Auch Kenzo ist eine Nachwuchshoffnung. Mit dem siebenjährigen Kannan-Sohn hat Maurice Tebbel in Leipzig gerade die Theurer Trucks 2go Youngster Tour gewonnen. Im März wollen die Tebbels mit ihren Pferden für drei Wochen nach Spanien. Danach soll es zumindest mit Chacco’s Light hoffentlich auf 5*-Niveau weitergehen.

Bis dahin ist die Familie vor allem mit dem Neubau der eigenen Reitanlage beschäftigt. „Wir bauen eine komplett neue Reitanlage mit 80 Boxen und mehreren Häusern. Das ist ein großes Unterfangen. Und das dauert natürlich auch einfach“, erzählt Friederike.

„Die jetzige Anlage wird komplett abgerissen. Sie ist mitten in der Stadt und daher konnten wir uns auch nicht vergrößern. Die neue Anlage wird rund zwei Kilometer etwas außerhalb entstehen. Wir haben noch einen Zuchthof für die Jungpferde, und direkt daneben entsteht die neue Anlage“, erklärt Maurice. Bis die gesamte Familie Tebbel ins neue Domizil einziehen kann, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Corona und der Ukraine-Krieg haben das Bau-Vorhaben ausgebremst, Preise mussten neu verhandelt werden. „Wir hoffen, dass es jetzt Mitte des Jahres mit dem Bau endlich los geht“, sagt Maurice.

Das hofft auch seine Frau, Dressurreiterin Friederike: Sie hat drei eigene Pferde auf dem Hof, reitet bei Tebbels noch andere Dressur-Pferde mit. In den Sattel von Maurices Pferden steigt sie allerdings nicht. „Ich könnte Friederike keinen Dressur-Unterricht geben und sie mir keinen Springunterricht. Da haben wir als Paar schon mal ein Problem weniger, wo man vielleicht aneckt“, bringt es Maurice auf den Punkt.

Friederike findet Maurice oft objektiver als jemanden, der direkt im Dressur-Training involviert ist. „Manchmal hat er dann so einen anderen Blick auf die Dinge und das finde ich eigentlich ganz gut und interessant.“ Auch sie hat große Ziele: „Ich möchte künftig schon gerne wieder Grand Prix reiten. Meine gute Stute, die Fürstin, ist ja leider nun in der Zucht. Dadurch habe ich so ein kleines Loch gehabt. Meine beiden Grand Prix Pferde sind halt schon in Rente. Jetzt habe ich wieder jüngere Pferde, ich haben einen guten Siebenjährigen mit dem ich so Richtung Nürnberger gehen möchte, und die anderen müssen da hinterher oder reinwachsen. Das dauert natürlich einfach.“

Maurice begleitet Friederike gerne auf die Dressur-Turniere, wenn es passt. „Am Anfang war das für mich natürlich totales Neuland. Ich habe vielleicht mal in Aachen Totilas geguckt, aber sonst war man eher selten mal im Dressur-Lager. Mittlerweile weiß ich auch, was Piaffe und Passage ist“, lacht Maurice, der bereits im Pony-Sattel zwei Deutsche Meisterschaften gewonnen hat. Toll wäre es, so Friederike, wenn es noch mehr schöne Turniere geben würde, wo Springen und Dressur zusammen angeboten werden, so dass sie beide starten könnten, wie z.B in Hagen und Frankfurt.

Den Spaß mit den Pferden, die tägliche Arbeit und das Training versuchen Friederike und Maurice auch regelmäßig auf ihren Social Media Kanälen mit ihren Fans zu teilen. „Wir zeigen auch mal so einen Stallalltag, versuchen Transparenz in unsere Arbeit zu bringen“, erklärt Friederike. Aber auch sie haben schon die negativen Auswüchse und Beschimpfungen auf den Social Media Kanälen zu spüren bekommen: „Wir hatten bei uns auf der Seite ein Video von einem Grand Prix Pferd von Justine, das war mit meinem beiden Shettys auf der Wiese. Das Pferd trug eine harmlose Fliegenmütze. Da bekamen wir böse Kommentare, was wir für Tierquäler seien, dass das Pferd nicht mehr gucken kann“, erzählt Friederike kopfschüttelnd. Sie musste am Ende viel Erklärungsarbeit leisten, um die Gemüter zu besänftigen.

„Die 20 Prozent, die gegen den Reitsport sind, sind auch stark“, weiß Maurice. Deshalb wollen die beiden auf jeden Fall mit gutem Beispiel voran gehen. „Wir sitzen am Ende alle im gleichen Boot, wir müssen alle zusammen aufpassen, dass unser Sport erhalten bleibt.“ Ein Pferd auf einem Turnier übermäßig mit der Gerte zu strafen, solche Bilder sollten unbedingt vermieden werden. „Das kann sich niemand mehr erlauben. Wenn es nicht wie geplant funktioniert, sollte man seinen Ärger lieber runterschlucken und raus reiten“ findet Maurice. Man kann es nie allen Recht machen, aber man muss den Reitsport-Gegnern ja auch keine Steilvorlage bieten.