„Der Beruf des Pferdepflegers ist nicht einfach, das ist harte Arbeit. Aber wenn man Pferde und das Reisen zu Turnieren wirklich liebt, wird es einem gefallen!“ Interview mit Mel Obst
Mel Obst mit Stargold in Aachen. Foto: spring-reiter.de

„Der Beruf des Pferdepflegers ist nicht einfach, das ist harte Arbeit. Aber wenn man Pferde und das Reisen zu Turnieren wirklich liebt, wird es einem gefallen!“ Interview mit Mel Obst

eingetragen in: Allgemein | 0

Das Team von Rolex Grand Slam hat ein Interview mit Melina Obst, der langjährigen Pflegerin im Stall von Marcus Ehning, geführt. Im Gespräch erzählt sie, wie ihr Alltag auf den Turnieren rund um die Welt aussieht und worauf sie besonders stolz ist.

Können Sie sich kurz vorstellen und uns sagen, für wen Sie arbeiten und was Ihre Aufgabe ist?

Ich heiße Melina, aber die meisten Leute nennen mich Mel. Ich arbeite seit sieben Jahren als Pferdepflegerin für Marcus Ehning – sowohl bei Turnieren als auch zu Hause – und kümmere mich einfach um alles!

Wie ist es, für ihn zu arbeiten?

Toll! Er ist sehr unkompliziert und vertraut mir. Alle im Stall sind wie eine Familie. Die Schwester von Marcus leitet mittlerweile den Stall. Davor war sie auch Pferdepflegerin. Mit Marcus zu arbeiten, ist großartig. Er ist hilfsbereit, kommt nie zu spät … Oft kommt er sogar zu früh! Wenn man Hilfe braucht, nimmt er sich immer Zeit. Beim Aufwärmen ist er streng, womit er ja auch recht hat, aber insgesamt ist er zu allen freundlich, auch zu den Pferdepflegern.

Können Sie Ihre Rolle als Pferdepflegerin bei der Koordination des Teams aus Tierärzten, Physiotherapeuten usw. erläutern?

Wir haben einen Zeitplan für die nächsten sechs Monate, der die Turniere beinhaltet, an denen wir teilnehmen möchten. Vier bis sechs Wochen vorher entscheiden wir im Team, welche Pferde wir wohin schicken, und besprechen die Organisation von Physiotherapie, tierärztlichen Untersuchungen und allem anderen. Marcus lassen wir in der Regel außen vor, damit er sich auf das Reiten konzentrieren kann. Mit Unterstützung des heimischen Managementteams organisieren wir die ganzen Gesundheitsbescheinigungen, Stallungen, das Packen des Transporters usw. Marcus braucht nur zu wissen, welche Pferde wir wohin mitnehmen!

Wie war es, Teil von Marcus‘ Team zu sein, als er beim CHIO Aachen gewann?

Ich kann es immer noch nicht so ganz glauben, damit hatte niemand gerechnet. Stargold hat in Aachen einfach eine großartige Leistung gezeigt! Er hatte in diesem Jahr schon so viele gute Ergebnisse, aber beim Rolex Grand Prix in Aachen trat er zum ersten Mal an. Dieses Jahr passte einfach alles und es war toll. In der Zeit, die ich bei Marcus als Pferdepflegerin arbeite, hat er nun schon zum zweiten Mal in Aachen den Rolex Grand Prix gewonnen. Der Tag war fantastisch!

Was ist das Besondere an Stargold und warum ist er so erfolgreich?

Er ist ganz einfach im Umgang. Er ist ein Hengst, verhält sich aber nicht so. Es ist überhaupt nicht schwer, mit ihm zu arbeiten, und er ist sehr leicht zu verstehen. Er liebt es, zu fressen und draußen zu sein, aber er lässt sich nicht gern führen. Er bevorzugt verrückte Sachen! Wenn ich mit ihm auf einem Turnier bin, sattle ich ihn morgens oft und reite mit ihm aus. Manchmal nehme ich auch noch andere Pferde mit.

Als Pferdepflegerin sind Sie mit Ihren Pferden häufig unterwegs. Wie sorgen Sie dafür, dass es ihnen unterwegs gut geht?

Wenn man jeden Tag mit den Pferden arbeitet, kennt man sie ziemlich gut. Ich sehe, wenn sie nicht gut trinken oder wenn sie unglücklich sind. Dann versuche ich, etwas zu ändern. Ich weiß, wann ich ihnen Futterbrei oder Wasser geben muss und wann ich beobachten sollte, ob sie genug fressen und zufrieden sind.

Jedes Pferd ist anders. Bei manchen klappt das Fressen und Trinken super, andere rühren nichts an. Manche möchten, dass der Futtereimer auf dem Boden steht, für andere muss man ihn aufhängen. Manche lieben Heu, andere mögen das gar nicht … Sie sind alle verschieden. Aber weil ich sie so gut kenne, weiß ich, was sie mögen und was nicht.

Man kann das Reisen mit Pferden auch üben oder bei einem neuen Pferd die vorherigen Pfleger fragen, was sie auf Reisen gemacht haben, um das Ganze zu erleichtern.

Manche Pferde sind ganz aufgeregt, wenn sie den Transporter verlassen, andere möchten einfach nur schlafen. Jedes hat seinen eigenen Charakter, weswegen die Arbeit so viel Spaß macht!

Sind Sie gern bei den Majors – dem The Dutch Masters, dem CHIO Aachen, dem CSIO Spruce Meadows ‘Masters’ und dem CHI Genf? Wodurch unterscheiden sie sich Ihrer Meinung nach von den anderen Turnieren?

Die vier Majors sind ganz unterschiedlich. Ich war schon bei allen und hatte das Glück, bei zwei davon zu gewinnen – dem CHI Genf und dem CHIO Aachen. Die Stadien sind verschieden, aber die Atmosphäre ist immer toll. Die Rolex Grand Slam of Show Jumping Majors sind anders als andere Turniere. Die Kombination dieser vier Majors ist einfach einzigartig. Bei den Majors hat man immer tolle Wettbewerbe und die besten Reiter treten gegeneinander an.

Für Marcus ist die Atmosphäre in Aachen etwas ganz Besonderes. Er liebt es. Da er Deutscher ist und Aachen sein Heimatturnier, nimmt er dort besonders gern teil. Es gibt nie Diskussionen, ob wir nach Aachen fahren oder nicht!

Anderen Reitern geht es genauso. Für Martin Fuchs ist es Genf, weil er dort vor heimischem Publikum antritt. Für niederländische Reiter wie Harry Smolders ist es das The Dutch Masters und für Reiter wie Eric Lamaze Spruce Meadows.

Reitern bietet der Rolex Grand Slam of Show Jumping nicht nur die Chance, viel Geld zu verdienen, sondern auch einen Titel zu gewinnen, der ihnen für immer bleibt. Der Sieg von Scott Brash beim Rolex Grand Slam of Show Jumping wird beispielsweise für uns alle auf ewig unvergesslich bleiben – seine drei ersten Plätze bei drei verschiedenen Majors, die alle einzigartig sind, waren einfach beeindruckend.

Der Rolex Grand Slam of Show Jumping feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum. Wie hat die Initiative Ihrer Meinung nach den Sport im letzten Jahrzehnt verändert?

Der Rolex Grand Slam hat dafür gesorgt, dass mehr Geld in den Sport fließt, was die Reiter motiviert. Auch Menschen, die sich nicht so sehr für Pferde interessieren, betrachten den Gewinn des Rolex Grand Slam als etwas Großartiges. Ich habe Freunde, die nichts über Pferde wissen, aber den Rolex Grand Slam kennen.

Was war Ihr stolzester Moment als Pferdepflegerin?

Da gab es einige! Ich war so stolz auf Misanto Pret A Tout, als er nach einer Verletzung 2019 den FEI Jumping World CupTM in Madrid gewann. Auch die Deutsche Meisterschaft in diesem Jahr war toll. Marcus hatte zuletzt vor 21 Jahren den Titel geholt und als er dieses Jahr erneut gewann, dachte ich: „Wow, ich habe es mit ihm geschafft!“

Außerdem hatte ich das Glück, einige der Rolex Grand Slam of Show Jumping Majors mit Marcus zu gewinnen. Gemeinsam haben wir Aachen und Genf gewonnen, worauf ich echt stolz bin.

Auch für andere Dinge wie Nominierungen für FEI-Meisterschaften arbeiten wir wirklich hart und es macht mich stolz, wenn wir ausgewählt werden. Ich bin auch immer wahnsinnig stolz, wenn Pferde in den Ruhestand gehen. Natürlich macht mich das gleichzeitig glücklich und traurig, aber ich bin stolz auf das, was sie geschafft haben, und neugierig auf die nächste Generation.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten und am wenigsten?

Ich liebe es, zu reisen. Es gibt wahrscheinlich nicht viele Pferdepfleger, die das von sich sagen! Ob mit dem Transporter oder mit dem Flugzeug – ganz egal! Ich reise um die ganze Welt und mag es, mich neuen Herausforderungen zu stellen. Es fühlt sich für mich nicht wie Arbeit an, sondern als hätte ich mein Hobby zum Beruf gemacht, den ich auch nach 20 Jahren noch gern mache. Ich kann mir nicht vorstellen aufzuhören. Auf Reisen treffe ich Freunde, unbekannte Menschen, sehe neue Turniere und all das.

Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der eine Karriere als Pferdepfleger anstrebt?

Der Beruf des Pferdepflegers ist nicht einfach, das ist harte Arbeit. Aber wenn man Pferde und das Reisen zu Turnieren wirklich liebt, wird es einem gefallen. Man muss seine eigenen Ansprüche gelegentlich zurückstellen, denn das ist kein 8-Stunden-Job, sondern manchmal eher ein 24-Stunden-Job! Aber aus der Arbeit als Pferdepfleger kann man auch ganz viel Positives ziehen und man erlebt einige fantastische Dinge.

Jeder Job hat Vor- und Nachteile. Manche Menschen können um 17:00 Uhr Feierabend machen, aber für Pferdepfleger gilt das nicht! Man denkt ständig an die Pferde. Man hat die Chance, viele Menschen, Pferde und ihre Besitzer zu treffen, und das ist faszinierend.

Wie sieht die Gemeinschaft der Pferdepfleger aus? Unterstützen sie einander?

Ich habe einige wunderbare Freunde und bei Turnieren versuchen wir, zusammen zu grillen oder gemeinsam etwas zu trinken. Ich habe Freunde in allen Teilen der Welt. Manchmal unternehmen wir auch etwas, das nichts mit Pferden zu tun hat, und besuchen zum Beispiel ein Festival oder Konzert. Das stärkt unsere Freundschaft.

Dann gibt es natürlich auch Situationen, in denen man Hilfe braucht, und es ist toll zu wissen, dass man auf dem Turniergelände Freunde hat, die man um Hilfe bitten kann. Ich hing zum Beispiel einmal am Flughafen fest, weil etwas mit meinem Visum nicht stimmte. Ich kam zwei Tage zu spät zum Turnier, aber meine Freunde kümmerten sich um die Pferde, ohne dass ich sie überhaupt darum bitten musste. Wenn etwas schiefgeht, helfen mir meine Freunde, weil sie wissen, dass ich das auch für sie tun würde!