David Will und Richard Vogel: „Natürlich gibt es gesunden Konkurrenzkampf im Team!“

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Wer diese beiden unterschätzt, hat schon verloren.  Das haben viele Konkurrenten am eigenen Leib erfahren:  David Will und Richard Vogel gewannen 2021 in Serie, es war ihr Jahr!  Nach der Gründung ihrer gemeinsamen Firma VW Equestrian  vor rund einem Jahr ging es für das Dreamteam aus Dagobertshausen sportlich steil nach oben: David und C Vier gewannen im Mai den Rolex Grand Prix in Rom,  wurden Vize-Europameister mit dem deutschen Team in Riesenbeck, vertraten die deutschen Farben beim Nationenpreisfinale in Barcelona und wurden 2. bei der Weltcup-Etappe in Madrid. Richard Vogel triumphierte in Redefin, gewann zum dritten Mal das Finale des U25 Springpokals in Aachen, siegte bei den Bundeschampionaten mit dem Holsteiner Verbandshengst Crack, sicherte sich mit Caramba in Mexiko den 3. Platz im GP plus zahlreiche Siege und stieg erfolgreich in die  5-Sterne-Liga auf.

spring-reiter.de trifft  das gut gelaunte und tiefenentspannte Duo zum Interview. Zusammen lassen wir ihr Erfolgsjahr Revue passieren. „Wir sind relativ schnell sehr gewachsen. Wir haben zum Start der GmbH mit 26 Boxen angefangen und nun sind es  schon 60. Wichtig ist, dass man allen Pferden und Pferdebesitzern gerecht wird. Deswegen haben wir auch eine  Partnerschaft angestrebt. Alleine  kann man nur sehr begrenzt etwas machen, nur so viele Felder abdecken. Zu zweit schafft man einfach doppelt so viel, weil sich auch viele Dinge überschneiden. Und dann haben wir jetzt auch noch Sophie Hinners, Mylen Kruse und Vanessa Raubenheimer im Team“, erklärt David die Firmenstrategie.

Und Richard Vogel fügt hinzu: „Es war ja nie das Ziel, dass wir am Ende dieses Jahres hier sitzen und sechzig Pferde haben. Es  hat sich im Laufe des Jahres so entwickelt. Die Mitarbeiter machen alle einen super Job und daher hat es bis hierher auch absolut Sinn gemacht, die Firma so wachsen zu lassen.“ Auch wenn der 24jährige lachend klar stellt:  „Es ist nicht in der Planung, dass wir nächstes Jahr 120 Pferde haben.“  

Vielmehr, ergänzt David, sei der Weg das Ziel: „Wir sind stolz, zufrieden und dankbar. Auf die Summe der Menschen, die uns helfen, uns unterstützen, wie ein Zahnrad ineinander greifen, ob es Mitarbeiter, Freunde,  Familienmitglieder oder Pferdebesitzer sind. Die stehen alle voll dahinter.“

Mit 60 Pferden, verteilt auf mehrere Anlagen, drehen die beiden Spitzenreiter ein großes Rad. „Das ist schon ein Fulltime-Job und das ist auch tatsächlich ein bisschen schwierig zu gucken, dass der ganze Laden läuft und die eigene Reiterei dabei nicht zu kurz kommt“, gesteht Richard Vogel. Er erinnert sich an seine lehrreiche Zeit bei Ludger Beerbaum: „Bei Ludger konnte ich mich nur auf mein eigenes Reiten fokussieren. Da habe ich unheimlich große Fortschritte gemacht. Jetzt mit der Selbstständigkeit gibt es natürlich so viele andere Dinge, die noch zu machen sind. Da muss man aufpassen, dass das Reiten nicht darunter leidet. Da nützen einem sonst am Ende die besten Pferde und die besten Besitzer nichts, wenn man reiterlich wieder Rückschritte machen sollte. Da muss man schon aufpassen, dass man nicht die ganze Zeit, die man auf dem Pferd sitzt, noch telefoniert und eigentlich mit den Gedanken ganz woanders ist.“

Und wer ist der Chef im Team? „Klar bin ich der Boss, ich bin der Senior Chef“, lacht David und macht natürlich nur Spaß:  „Wir haben unsere Firma zusammen und sind absolut gleichberechtigt. Es gibt nie eine Situation, wo einer alleine entscheidet.“  Richard Vogel bestätigt: „Wir haben untereinander vollstes Vertrauen. Wir kennen uns eigentlich schon, seitdem ich zwölf Jahre alt war. Wir wissen um die Einstelllungen zu den jeweiligen Sachen. Meistens sind diese auch identisch.“ Großen Streit gab es zwischen den beiden noch nicht:  „Wirklich fetzten tun wir uns nie“, verrät Richi.  Natürlich gibt es mal „Diskussionen“, aber die sind fast mehr „mit Humor geschmückt“ als mit Ernsthaftigkeit. Und David fügt hinzu: „Natürlich gibt es mal unterschiedliche Meinungen.  Aber wenn man etwas länger darüber nachdenkt, der andere vielleicht doch Recht hat, man einen guten Kompromiss findet, macht einen das am Ende auch stärker.“

Dieser Zusammenhalt funktioniert auch noch, wenn es mal nicht so rund läuft. Wie bei David Will und C Vier und den ersten Runden beim Weltcup-Turnier in Madrid. Der Wallach fühlte sich beim ersten Hallenturnier anfänglich „unwohl“, machte ungewöhnlich viele Fehler. „Das gibt es einfach immer mal, dass so ein Turnier nicht so gut anfängt. Wichtig ist, dass man dann die richtigen Schlüsse aus den Runden zieht, damit man am Sonntag im großen Preis alles perfekt auf der Kette hat. In meinem Fall mit C Vier ist es natürlich auch einfach, weil ich um seine Qualitäten weiß. Egal was vorher war. Ich weiß, er kann am Sonntag darüber springen. Auch wenn es davor noch ein bisschen wackelig war. Wichtig ist das gegenseitige Vertrauen“, bringt es der Führende der deutschen FN-Rangliste auf den Punkt. Eine positive Einstellung, die sich auch Firmen-Partner Richard Vogel gerne zu eigen macht: „Ich habe bei David gelernt, nicht so Resultat orientiert zu denken. Als David zum Beispiel in Madrid war und es erst  nicht so lief, haben wir jeden Tag telefoniert, und er war trotzdem immer positiv. Obwohl die ersten Springen nicht so liefen, hat er immer gesagt, am Sonntag wird es was.“  Er sollte Recht behalten. David und C Vier wurden Zweite im Weltcup-Springen in Spanien.

Damit solche Erfolge entstehen, hilft auch der gesunde Konkurrenzkampf im Team.  „Wenn Sophie in Vilamoura super Ergebnisse abliefert und Richi Dritter im Großen Preis wird, dann spornt mich das natürlich erst recht an. Ich kann mir ja von den Jungen auch nicht total auf der Nase herum tanzen lassen. Das ist wirklich immer noch mal ein extra Anreiz“, lacht David. Das bestätigt auch Richard: „Es gibt einen gesunden Konkurrenzkampf im Team.“ Beide beschreiben sich als „sehr ehrgeizig“. „Vielleicht nicht auf die exakt gleiche Art und Weise. Und natürlich muss es in einem gesunden Rahmen sein, sportlich und geschäftlich. Wir wollen unsere Pferde nicht überfordern, sie fair behandeln. Dafür muss man seine Pferde sehr gut kennen“, erklärt David.  Das sei auch langfristig der einzige Weg. „Es hat noch nie funktioniert, wenn man ein Pferd immer überfordert. Dann macht man irgendwann zehn Schritte rückwärts“, bringt es David Will auf den Punkt und führt Marcus Ehning als absolutes Vorbild in Sachen „horsemanship“ an: „Es ist ja kein Zufall, dass seine Pferde alle ganz konstant bis ins hohe Alter erfolgreich gehen. Das ist ganz selten so, dass sie auffällig Hochs oder Tiefs haben. Von ihm kann man in dieser Hinsicht sehr viel lernen.“  

Die Sprache der Pferde lernen und lesen, das ist auch Richard Vogel in der täglichen Zusammenarbeit extrem wichtig: „ Man muss immer auf sein Pferd hören. Die können zwar nicht mit uns sprechen, aber mehr signalisieren, als manche Menschen das mit Worten tun. Dafür muss man ein Gespür entwickeln.“   Auch die artgerechte Haltung der vierbeinigen Sportpartner mit Weidegang im Sommer und großen Paddocks im Winter ist für Will und Vogel selbstverständlich.

Nach Weihnachten im Kreise der Familie in Bayern zieht es David nach den Feiertagen zum Turnier in die Emirate. Richard Vogel fliegt nach ein paar freien Tagen mit Freundin Sophie in Niedersachsen und Baden-Württemberg zum Auftakt der neuen Saison zum ersten Mal zur Turnierserie nach Wellington in die USA. Die Ziele für 2022 sind bereits klar definiert. David Will hat vor allem die Weltmeisterschaft in Herning im August voll im Fokus:  „Das wäre schon ein Ziel für mich. Ich hab ein wahnsinnig gutes Pferd, das auch bewiesen hat, dass es das kann.“

Richard Vogel setzt im neuen Jahr vor allem auf Caramba, mit dem er bereits in Aachen und Mexiko brillierte: „Der ist noch etwas grün, aber wir glauben, dass der nächstes Jahr ins 5-Sterne-Level hinein wächst.“ Richard Vogel schwärmt von dem noch zehnjährigen Comme il Faut Sohn: „Caramba hat von Natur aus  vielleicht nicht das größte Herz. Aber wenn er erst mal Vertrauen hat, man mit ihm ein Team ist, dann kämpft er für mich, dann hat er das größte Herz, gibt er 120 Prozent. Und das jeden Tag. Auch wenn er eigentlich von Natur aus ein wenig schüchtern und guckig ist.“

Der 24jährige Reiter würde sich zudem gerne weiter auf dem 5-Sterne-Level etablieren. Ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren:  „Zum Träumen bleibt nicht viel Zeit. Dafür sind wir viel zu busy. Wir haben große Ziele, aber natürlich muss dafür auch alles zu unseren Gunsten laufen, müssen die Pferde gesund bleiben. Die Pferdebesitzer müssen auch immer Spaß dran haben und bei der Stange bleiben“, resümiert Richi. Und David fügt hinzu: „Das ist auch etwas, worauf wir am Ende stolz sein können. Es spielen so viele Dinge eine Rolle, da reicht es nicht, ein talentierter Reiter auf Fünf-Sterne-Niveau zu sein. Man braucht die passenden Pferde, das passende Management für die Pferde, die passenden Mitarbeiter.“

Damit 2022 wieder so ein Erfolgsjahr für Will und Vogel wird. Auch wenn das Firmenwachstum bis dahin nicht unbedingt auf 120 Pferden steigen muss. Und unterschätzen wird sie jetzt ohnehin niemand mehr.

Interview und Text:  Corinna Philipps