Rolex-Interview mit Stephex Chef Stephan Conter über Bauchgefühl und den Suchtfaktor Erfolg
Stephan Conter mit Daniel Deusser und Sean Lynch (links) bei der Verabschiedung von Cornet D'Amour. Foto: Jeroen Willems Stephex Masters

Rolex-Interview mit Stephex Chef Stephan Conter über Bauchgefühl und den Suchtfaktor Erfolg

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Wie sind Sie dazu gekommen, sich als Eigentümer in diesem Sport zu betätigen?

Ich habe mich vor zehn Jahren dazu entschlossen, Pferde für Daniel Deusser zu kaufen. Davor hatte ich mehr als zwanzig Jahre lang Pferde für andere Reiter gekauft, aber ich wollte unbedingt in die Weltspitze dieses Sports. Also habe ich beschlossen, mir einen Spitzenreiter zu suchen, und meine Entscheidung fiel auf Daniel. Dieser Entscheidung habe ich mich ganz und gar verschrieben und mich richtig reingekniet. Wenn man einmal damit anfängt, Grands Prix zu gewinnen und eine ernstzunehmende Größe wird, bekommt das Ganze einen richtigen Suchtfaktor und man will diesen Erfolg aufrechterhalten, indem man sich die besten Pferde und Reiter sichert.

Ich habe inzwischen mehrere Reiter, darunter auch meine beiden Töchter [Emilie und Zoé], und ihre Erfolge auf meinen Pferden mitzuerleben, ist eine große Motivation für mich. Ich bin auch immer sehr stolz, wenn ich Pferde, die ich gezüchtet oder verkauft habe, gute Leistungen erbringen sehe. Wir haben kürzlich ein Pferd an Cian O’Connor verkauft und die beiden entwickeln sich zu einem großartigen Team – es bereitet mir wirklich Freude, das zu sehen. Wir verkaufen viele Pferde. Beim Rolex Grand Prix in Wellington letzte Woche hatten wir zwei meiner Pferde im Stechen sowie ein paar andere, die mal mir gehört haben, und ihren Erfolg mitanzusehen, gibt mir einen richtigen Kick.

 Wie entscheiden Sie, welche Pferde Sie für Ihr Zuchtprogramm behalten und welche Sie verkaufen?

Ich sage normalerweise immer, jedes Pferd steht zum Verkauf. Wenn ein Pferd sehr gute Ergebnisse gebracht hat, steigt natürlich sein Preis. Ich behalte nicht alle meine besten Pferde, denn wenn man sich all die Pferde ansieht, die wir verkauft haben, sind darunter wirklich viele, die unglaubliche Ergebnisse erreicht haben. Werfen wir zum Beispiel einen Blick auf die Olympischen Spiele. Wir hatten dort sieben Pferde im Springreiten, von denen nur eins aktuell noch mir gehört. Das beweist die Qualität der Pferde, die wir verkaufen.

Wenn ein Pferd wirklich gut zu einem meiner Reiter passt, warte ich eine Saison, bevor wir darüber nachdenken, es zu verkaufen. Davidoff De Lassus passt hervorragend zu Zoé, deswegen werden wir ihn noch ein Jahr behalten, es sei denn, wir bekommen ein unwiderstehliches Angebot.

Wenn eine Ihrer Töchter eine besondere Bindung mit einem Pferd eingeht, ändert das Ihre Meinung über den Verkauf dieses Pferdes?

Ja, absolut! Emilie fällt das Verkaufen leichter als ihrer Schwester. Wenn ein gutes Angebot eingeht, ist sie immer bereit, das Pferd abzugeben. Zoé würde am liebsten jedes Pferd behalten, aber ich glaube, sie fängt langsam an zu begreifen, dass auch wir nur gewöhnliche Menschen sind und unseren Lebensunterhalt mit dem Sport verdienen müssen, um unsere wunderschöne Erfolgsgeschichte fortsetzen zu können.

Sie haben eine faszinierende Gruppe von Reitern im Team von Stephex Stables, darunter Rolex-Markenbotschafter Daniel Deusser und Ihre beiden Töchter Zoé und Emilie. Wie wählen Sie die Pferde für die jeweiligen Reiter aus?

Ich bin in erster Linie Geschäftsmann und wickle die Dinge immer gerne zügig ab. Darum kaufe ich hauptsächlich sechs- bis achtjährige Pferde, betreibe aber auch noch ein Zuchtprogramm. Diese Pferde sind in etwa 24 Monaten verkaufsfertig und so arbeite ich am liebsten. Ich bin bereit, jedes Pferd zu verkaufen, ansonsten hätte ich Tausende von Pferden. Ich habe kein Problem damit, so viele Pferde zu besitzen – das Problem ist, dass es zu kompliziert ist, so viele Pferde zu trainieren. Um ein Pferd auf das Niveau zu bringen, auf dem es ein Grand-Prix-Gewinner werden könnte, muss man die höchster Sorgfalt und Qualität in seine Ausbildung stecken. Deswegen verkaufen wir viele Pferde aus unserer eigenen Zucht ungeritten.

Das Zuchtniveau in Belgien ist extrem hoch – ich glaube, es ist das weltweit beste. Das bedeutet, dass die Pferde nicht billig sind, aber es bedeutet auch, dass man die Chance hat, das beste Pferd für seinen Reiter zu finden. Ich treffe meine Entscheidungen, welches Pferd ich für welchen Reiter kaufe, aus dem Bauch heraus. Ich kann nicht erklären, wieso ich mich manchmal für ein bestimmtes Pferd entscheide, aber ich vertraue auf mein Gefühl. Bisher lag ich mit meinem Bauchgefühl auch immer goldrichtig. 

Wie wichtig ist es, ein ausgewogenes Verhältnis von erfahrenen Reitern und Nachwuchstalenten in Ihrem Team zu haben?

Das ist sehr wichtig. Vor ein paar Monaten hatten wir zwei Reiter in den Top 10. Man braucht also viele Pferde, um sicherzustellen, dass sie sich auch so weit oben in den Ranglisten halten können. Es ist nicht mehr so wie vor 20 Jahren, als sich die Reiter in der Wintersaison freinehmen konnten. Heutzutage finden an jedem Wochenende Turniere statt. Ich glaube, das Ranglistensystem ist eine Art Sucht für die Reiter – und das ist ein Problem. Um in diesem Sport an der Spitze zu bleiben, müssen die Reiter fast jedes Wochenende antreten, um Ranking-Punkte zu sammeln. Deswegen brauchen wir viele jüngere Reiter, um die Pferde zu Hause zu trainieren, wenn unsere Spitzenreiter auf Wettkämpfen unterwegs sind.

Wir haben zurzeit jede Menge junge, talentierte Reiter in unserem Sport. Ich glaube, dass man nicht einfach morgen losziehen und den nächsten Spitzenreiter entdecken kann. Man muss einige Jahre lang mit ihnen arbeiten und dafür sorgen, dass sie richtig trainiert werden. Einige der aktuell besten Reiter der Welt gehörten im Alter von 18 Jahren noch nicht zu den Besten, aber sie besaßen eine ausgezeichnete Arbeitsmoral und haben sich dem Sport mit Haut und Haaren verschrieben. Es ist schön zu sehen, dass man mit harter Arbeit die Ergebnisse erzielen kann, die man verdient.

Wie viele Pferde besitzen Sie aktuell und von welchem glauben Sie, dass es dieses Jahr die besten Ergebnisse erzielen wird?

Mit Daniel sind wir in einer sehr komfortablen Position – wir haben ein wirklich starkes Team aus Pferden. So ist es nicht immer und deswegen können wir uns im Augenblick so glücklich schätzen. Zum Beispiel ist Scuderia 1918 Tobago Z im 5-Sterne-Grand-Prix auf dem Winter Equestrian Festival letztes Wochenende unglaublich gut gesprungen. Er sah aus wie ein Achtjähriger in einem 1,30-m-Springen. Killer Queen VDM springt auch sehr gut und so glaube ich, dass uns ein sehr spannendes Jahr bevorsteht.

Können Sie uns ein paar Einblicke hinter die Kulissen der Beziehung zwischen Eigentümer und Reiter geben?

Ich rede mit meinen Reitern über alles. Wir suchen gemeinsam die Turniere für die einzelnen Pferde aus, aber ich habe eine starke Meinung dazu, welchen Wettkämpfen wir Vorrang geben sollten – nämlich den Rolex Grand Prix Majors und den anderen Rolex-Turnieren. Alle Reiter sind da mit mir einer Meinung, denn diese Turniere sind einfach die besten der Welt. Hoffentlich wird man eines Tages dasselbe über die Stephex Masters in Brüssel sagen. Es ist sehr aufregend, dass der CSIO Rom und jetzt auch La Baule ebenfalls von Rolex gesponsert werden. Meiner Meinung nach haben die von Rolex gesponserten Wettkämpfe ein ganz anderes Niveau als all‘ die anderen Turniere, und alle meine Reiter lieben es, dort anzutreten.

Auf welche Pferde aus den Stephex Stables – ehemalige und aktuelle – sind Sie besonders stolz?

Ich bin auf so viele stolz. Wir haben schon so viele großartige Pferde verkauft, dass es den vielen Besitzern bestimmt nicht gefallen würde, wenn ich jetzt nur einige davon aufzählen würde. Aber ich kann sagen, dass bei jedem Grand Prix mindestens fünf Pferde dabei sind, die wir verkauft haben, und das macht mich sehr stolz.